Donnerstag, 30. September 2021

Mein Fieberthermometer ist im Arsch

©vousvoyez
Jene Zeit, als man sich so gelangweilt hat, dass selbst der billigste Witz noch für eine "Weisheit der Woche" herhalten musste. Habt ihr damals eigentlich auch euer Fieberthermometer immer griffbereit irgendwo liegen gehabt, obwohl ihr wusstet, dass Fieber nicht zwangsläufig ein Symptom dafür ist, dass man sich mit Covid-19 angesteckt hat? Ich muss gestehen, ich hatte so Tage, an denen ich auch noch beim kleinsten Unwohlsein meine Körpertemperatur gemessen habe - damals, als Selbsttests noch nicht in jeder Apotheke verfügbar waren. Aber Langeweile hat ja auch ihr Gutes - beispielsweise macht sie kreativ. Und zu jener Zeit konnte ich mein Themenspektrum auf diesem Blog ungemein erweitern - beispielsweise habe ich, wenn ihr euch erinnern könnt, immer wieder über urbane Legenden gesprochen. Wobei ich mich kürzlich belehren ließ, dass es besser wäre, sie Wandersagen zu nennen - denn erstens sind es eher Sagen als Legenden, zweitens spielen diese sich ja nicht ausschließlich im urbanen Raum ab. Und manche dieser Geschichten sind ja auch durchaus schon ziemlich alt, selbst wenn sie sich immer wieder der jeweiligen Gegenwart anpassen. Und da ich inzwischen genügend Zeit hatte, wieder ein paar dieser modernen Sagen ganz wirklich wahren Begebenheiten zu sammeln, möchte ich sie euch heute wieder mal zum Besten geben.

Was auffällt, ist, dass mache dieser Wandersagen eine moralische Komponente enthalten - ähnlich wie die altbekannten Märchen, nur mit dem Unterschied, dass Letztere keinen Anspruch auf Wahrhaftigkeit haben. Häufig geht es allerdings auch um menschliche Gefühle wie Scham oder Ängste, beispielsweise in der Geschichte mit dem toten Kaninchen. Diese kursiert schon seit Jahrzehnten in mehreren Ländern, und wie bei anderen, so gibt es auch bei dieser mehrere Varianten. Wie immer geht es um die Bekannten der Nachbarn des Kollegen eines Freundes - bei diesen fand dereinst eine Gartenparty statt. Während der Feier tauchte plötzlich der Hund des Hauses mit einem feuchten, erdverschmierten toten Kaninchen im Maul auf - jemand aus der Familie, welche das Haus mit zugehörigem Garten bewohnte, erkannte darin das Karnickel der Nachbarn. Um nicht deren Ärger auf sich zu ziehen, wusch man das Tier mit Shampoo und Seife, föhnte das Fell, kämmte es, schlich auf das Grundstück der Nachbarn und legte den geföhnten Kadaver wieder in seinen Käfig. Tags darauf traf man dann einen der Nachbarn, der ganz aufgeregt erzählte, dass vor zwei Tagen sein geliebtes Karnickel verstorben sei - man habe dem Tier ein würdiges Begräbnis im Garten beschert, und heute habe man es sauber und geföhnt wieder in seinem Käfig gefunden und verstehe die Welt nicht mehr. Die Basis der Geschichte ist immer dieselbe, nur der Ort und die Rahmenhandlung variiert, ebenso wie die handelnden Personen. Die Moral ist offensichtlich: Sag immer die Wahrheit, auch wenn sie noch so unangenehm ist - denn jeder Versuch, sie zu vertuschen, kann peinlich enden. Diese Geschichte fand übrigens bereits Verwendung in einem Spielfilm, nämlich Nach Fünf im Urwald von 1996 mit der jungen Franka Potente in der Hauptrolle.

Da viele Wandersagen vor irgendetwas warnen sollen, nennt man sie häufig auch "Warnsagen". Einige Beispiele habe ich ja in älteren Artikeln schon genannt, etwa die Geschichte mit dem Auto, das Kinder entführt oder die mit der Spritze, die AIDS übertragen soll. Gerade die Angst um Kinder und Jugendliche wird immer wieder zur Verbreitung dieser Warnsagen genutzt. Eine Geschichte, die mit einem verschwundenen Kind zu tun hat, existiert etwa schon seit mehreren Jahrhunderten: Ursprünglich handelte es davon, dass eine Hochzeits- oder sonst irgendeine Partygesellschaft mit dem Pferdeschlitten oder Pferdewagen nach Hause fährt. Bei ihnen befindet sich auch ein kleines Kind, und die Leute sind schon so angesäuselt, dass sie nicht bemerken, dass das Kind irgendwann vom Gefährt fällt. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass dem Kind irgendetwas Schlimmes passiert ist, etwa dass Raben ihm die Augen ausgehackt haben. Diese Geschichte findet sich heute wieder in den Märchen von den verschwundenen Kindern bei IKEA - jene sind so zahlreich, dass die Möbelhauskette bereits vor zwanzig Jahren eine Anzeige dagegen geschaltet hatte. Auch hier ist der Kern der Sage immer derselbe: Ein Kind verschwindet bei IKEA und wird einige Stunden später auf einer Toilette der Filiale wieder gefunden - völlig verstört und mit gefärbten oder gar abrasierten Haaren. Ähnliche Geschichten kursieren übrigens auch über Vergnügungsparks wie etwa Disneyland oder Legoland. Immer wird das Kind buchstäblich im letzten Moment gefunden, ehe es entführt werden kann - denn das Färben oder Abrasieren der Haare soll verhindern, dass es wiedererkannt wird. Das erinnert natürlich an die Kettenbriefe auf Social Media, die buchstäblich seit es Social Media gibt in regelmäßigen Abständen dort kursieren und die ebenso regelmäßig von Faktenchecker-Seiten wie mimikama oder correctiv widerlegt werden: Kettenbriefe, die vor einem unauffälligen weißen Lieferwagen warnen, der Kinder vor Schulen ansprechen und entführen soll. Wie viele, so eignet sich natürlich auch diese Geschichte hervorragend dazu, politisch instrumentalisiert zu werden, etwa von Rechtsgestrickten und QAnon-Gläubigen. Möglicherweise wurden auch Elemente aus einer wahren Entführungsgeschichte transferiert - nämlich jener von Natascha Kampusch, die bekanntlich als Zehnjährige von einem Mann in einem weißen Kastenwagen mit getönten Scheiben entführt worden war. In eine ähnliche Richtung geht auch die Geschichte über den amerikanischen Online-Shop Wayfair, die voriges Jahr auf Twitter und Reddit verbreitet wurde: Hintergrund dieser Geschichte ist, dass damals Leute im Online-Katalog Möbel mit absurd hohen Preisen entdeckt haben - offenbar ein Fehler der Website. Da die Produkte überdies auch noch größtenteils weibliche Vornamen trugen, vergleichbar etwa mit dem beliebten Billy-Regal von IKEA, entstand sehr bald die Phantasie, hier würden in Wirklichkeit keine Möbel angepriesen, sondern es finde versteckter Kinderhandel statt. Denn selbstverständlich würde niemals jemand derart hochpreisige Möbel kaufen - es sei denn, er sei "eingeweiht" und wüsste, dass es sich bei den angepriesenen "Waren" in Wirklichkeit um Kinder handle, die hier "verkauft" werden sollten. Sofort wurden natürlich überall "Beweise" gesichtet - so wollte man herausgefunden haben, dass Wayfair-Standorte sich häufig in der Nähe von Abschiebezentren von Kindern befänden, außerdem hätte Wayfair angeblich Verbindung zu Personen, die im Zusammenhang mit der QAnon-Geschichte gerne einmal grausamer Taten bezichtigt werden, wie etwa Hillary Clinton, George Soros oder Tom Hanks. Außerdem gab man die Artikelnummern in der russischen Suchmaschine Yandex ein, die daraufhin auf Datenbanken mit Bildern vermisster junger Mädchen verwies. Das Ding ist halt - dasselbe Ergebnis kam auch nach der Eingabe beliebiger Nummernkombinationen heraus. Die Geschichte blieb natürlich nicht in den USA, sondern fand ihren Weg über den Atlantik und findet heute vor allem in der Türkei noch größeren Anklang. Natürlich erinnert es an die Pizzagate-Geschichte, die mit einem bewaffneten Überfall auf eine Pizzeria endete. Wie ihr euch vielleicht erinnert, habe ich außerdem in einem anderen Beitrag die polnische Geschichte vom schwarzen Wolga erzählt, die ja ähnlich ist wie die vom weißen Lieferwagen.

Eine weitere Geschichte, die bereits seit mehr als einem Jahrhundert kursiert, ist die des verschwundenen Anhalters, die übrigens bereits in den 1940er Jahren im angelsächsischen Raum erforscht wurde und die auch in der Serie Supernatural verarbeitet wurde. Die Rede ist von einem Mann, der mit dem Auto auf einer einsamen Waldstraße unterwegs ist; plötzlich taucht eine Gestalt auf und möchte mitgenommen werden. Meist handelt es sich um eine sehr junge Frau, häufig trägt sie ein weißes Kleid. Der Fahrer lässt sie einsteigen; sie nennt daraufhin eine Adresse, an der sie abgesetzt werden will. Als sie ihr Ziel erreicht haben, bemerkt der Fahrer, dass die Person verschwunden ist - manchmal spurlos, manchmal lässt sie aber auch eine Jacke oder so was Ähnliches zurück. Neugierig geworden, geht der Fahrer zu dem Haus, das die junge Frau angegeben hat, und klingelt an der Tür, die von einer Person oder einem Ehepaar geöffnet wird - als der Fahrer sich nach der Anhalterin erkundigt, erwidern die Angesprochenen dann, dass es sich bei der gesuchten Person um ihre Tochter handle, die allerdings vor mehreren Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Teilweise fügen sie auch noch hinzu, dass sie jedes Jahr an ihrem Todestag versuche, nach Hause zu kommen. Manchmal kommt der Fahrer allerdings nicht in eine Wohngegend, sondern zu einem Friedhof, wird aber zuvor von dem Anhalter bzw. der Anhalterin noch um einen Gegenstand gebeten, etwa eine Jacke oder einen Mantel. Meist findet der Fahrer diesen Gegenstand dann auf einem der Gräber wieder, in dem die Person, die er soeben mitgenommen hat, bereits seit längerer Zeit begraben ist. In anderen Fällen verschwindet der Anhalter auch bereits auf halber Strecke - nachdem er dem Fahrer zuvor einen wertvollen Tipp gegeben hat, etwa bei familiären oder Beziehungsproblemen. Eine seltenere Version erzählt, dass es sich bei dem Anhalter um eine lokale Gottheit handle, die den Fahrer dafür belohnt, dass er ihn mitgenommen hat. In älteren Versionen wird der Anhalter nicht im Auto, sondern in der Kutsche oder auf dem Pferd mitgenommen - ihr seht also, dass diese Sage wirklich schon uralt ist. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, wird sich auch sicherlich noch an die Geschichte von der Schwarzen Frau im Pinzgau erinnern.

Eine Sage, die durch ein gleichnamiges Buch berühmt wurde, ist die von einer Frau, die eine Yucca-Palme kauft oder geschenkt bekommt. Als sie die Pflanze wässert, hört sie ein seltsames Geräusch aus dem Blumentopf, und da ihr das unheimlich vorkommt, ruft sie die Polizei, die ihr rät, sich von der Palme fernzuhalten. Irgendwann tauchen dann Polizisten in Schutzanzügen auf - hinterher erfährt die Frau, dass sich im Topf der Yucca-Palme eine exotische Spinnenfamilie, meist Taranteln oder Vogelspinnen, eingenistet hätte. Nun ist erwiesen, dass der Biss dieser Spinnen nur in den seltensten Fällen tödlich ist - auch wenn ein allergischer Schock oder eine Infektion, die durch die Beißwerkzeuge der Tiere hervorgerufen wird, durchaus gesundheitliche Risiken bergen können. Im 14. und 15. Jahrhundert glaubte man, der Biss der Apulischen Tarantel sei verantwortlich für ein Phänomen, das als "Tanzwut", damals auch als "Veitstanz", bekannt ist und bei dem große Gruppen von Menschen bis zum Zusammenbruch tanzten; diese Behauptung ist allerdings schon längst widerlegt. Was jedoch ab und zu tatsächlich vorkommen kann, ist, dass die brasilianische Wanderspinne, auch Phoneutria genannt, vereinzelt in Bananenkisten ihren Weg nach Übersee und in europäische Supermärkte findet. Da diese Spinnenart tatsächlich ziemlich aggressiv und zudem hochgiftig ist, mussten nach ihrer Entdeckung in Bananenkisten tatsächlich bereits Supermärkte geschlossen werden, um die Tiere möglichst risikofrei entfernen zu können. Manchmal verirren sich jedoch auch Fischerspinnen oder Riesenkrabbenspinnen in Bananenkisten - diese sind im Gegensatz zur Phoneutria allerdings für Menschen harmlos. Da sich diese Spinnenarten jedoch ähneln und auch für europäische Verhältnisse beängstigend groß sind, werden sie häufig auch unter dem Begriff "Bananenspinne" zusammengefasst. Ich bin ja, was Insekten, Spinnen, Raupen, Würmer und anderes Kleingetier betrifft, noch verhältnismäßig schmerzfrei - ich habe in Westafrika einen Nachmittag lang eine hübsche schwarz-gelb gemusterte Spinne auf meiner Hand herumkriechen lassen, eine Wohnung voller erwachsener Männer vor einem verängstigten Weberknecht gerettet und einen gesamten Kohlkopf-Bestand auf Raupenbefall untersucht -, aber ich muss zugeben, würde mir unvermutet so ein Riesenvieh entgegenkrabbeln, würde ich mich genauso erschrecken.

Ein Gerücht, das immer noch häufig erzählt und auch geglaubt wird, weil man es immer von Leuten gehört hat, die "absolut verlässlich" sind, ist tatsächlich in vielen Gegenden zu einem ernsthaften Problem geworden - so sehr, dass sogar schon Belohnungen ausgesetzt wurden für denjenigen, der einen Beweis dafür liefern kann, dass es stimmt. Meist sind es Paare, die das erlebt haben wollen - man leistete sich ein gemeinsames Essen in einem renommierten Haubenrestaurant, und wie es halt so ist, wenn man sich was Besonderes gönnt, hat der eine vom Teller des anderen probiert. Als es dann ans Bezahlen ging und die Gäste die Rechnung bekamen, befand sich am unteren Ende des Zettels ein dezenter Hinweis: "Bitte beehren Sie uns nie wieder." Angeblich, weil es in der feinen Gesellschaft ein Fauxpas sei, sich am Teller des anderen zu bedienen. Meist sind es Restaurants mit einer hohen Medienöffentlichkeit, etwa von Schuhbeck oder Erfort, in denen das passiert sein soll. Nun, ich bin vielleicht nicht reich, aber ich habe durchaus auch schon gehobene Küche gespeist, und ich kann versichern: Es gibt kein ungeschriebenes Gesetz, das es verbietet, vom Teller eines anderen zu kosten, und kein Restaurant würde sich erlauben, auf diese Weise seine Gäste zu vergraulen, weil es ansonsten bald keine mehr hätte. Etliche Gastronomen bemühen sich bereits seit Jahrzehnten, zu versichern, dass es sich hierbei um eine erfundene Geschichte handelt, und sind trotzdem immer wieder mal mit wütenden Mails konfrontiert, die diese Ungeheuerlichkeit anprangern. Deswegen möchte ich euch an dieser Stelle warnen: Solche Dinge zu verbreiten, für die man keine Beweise hat, ist für Gastronomen nicht nur lästig, es ist schlicht und einfach rufschädigend. Wir leben im Handy-Zeitalter - sollte wirklich einmal der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ihr eine solche Rechnung erhaltet, macht ein Foto davon und wendet euch damit an die Öffentlichkeit. Sagt das auch all jenen, die so etwas behaupten. Warum jemand solche Geschichten verbreitet, ist nicht immer so leicht zu beantworten - möglicherweise ist es Eifersucht auf diese Etepetete-Gesellschaft sowie das Bedürfnis, sich an dieser zu rächen. Ähnlich ist es wohl auch bei Hollywoodstars, die Kinderblut trinken sollen, oder bei der Geschichte mit dem schwarzen Wolga, den sich damals nur die wenigsten leisten konnten. Übrigens wurde der schwarze Wolga in den 1990er Jahren zu einem schwarzen BMW, und im erzkatholischen Polen gehörte dieser selbstverständlich Satan persönlich - oder auch der russischen Mafia.

Eine Wandersage, die in der DDR und der Sowjetunion sehr häufig erzählt wurde, lässt sich bis ins Dritte Reich zurückverfolgen und hängt mit Ausfällen der Kartoffelernte zusammen. Als diese nämlich 1950 zu einem großen Teil durch Kartoffelkäfer vernichtet wurde, setzte man das Gerücht in die Welt, dass dies die Schuld der Amerikaner sei - diese hätten die Käfer nämlich aus Flugzeugen abgeworfen, um die Ernte zu vernichten und auf diese Weise das kommunistische Paradies zu diskreditieren und die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Jede Gemeinde wurde daraufhin verpflichtet, Leute zu stellen, die sich am Einsammeln der Kartoffelkäfer beteiligten und so eine noch größere Verbreitung verhinderten. Tatsächlich gab es schon im Ersten Weltkrieg die Idee, Kartoffelkäfer als Biowaffe einzusetzen - man ließ jedoch davon ab, da man fürchtete, dass die Schädlinge auch die eigene Ernte vernichten könnten. Später vermutete man, dass es vor allem der Mangel an geeigneten Schädlingsbekämpfungsmitteln und die nachkriegsbedingte Desorganisation die Zunahme der Käferpopulation begünstigte - ebenso wie die Witterung, die zu dieser Zeit herrschte.

Wie ihr also seht, gehen mir die Geschichten nach wie vor nicht aus - und auch diesmal sind es wieder genug, dass ich in absehbarer Zeit noch mehr davon erzählen kann. Einstweilen möchte ich euch eine gute Zeit wünschen und freue mich auf ein baldiges Wiederlesen, oder wie man so sagt. Bleibt mir schön brav, erzählt keine abstrusen Geschichten weiter und geht nicht bei Rot über die Straße. Bon voyage!

vousvoyez

Donnerstag, 23. September 2021

Donald Trump hält sich nicht nur für Gott - er denkt, er ist Chuck Norris

© vousvoyez
Damals, als dieser Spruch fiel, habe ich noch nicht zu hoffen gewagt, dass wir die dicke Orange so schnell wieder los sind. Wobei ja nach wie vor noch nicht klar ist, ob das für immer so bleibt - der harte Kern seiner Anhänger ist ja nach wie vor davon überzeugt, dass seine Abwahl nicht rechtmäßig war. Und wie viele von uns, die mit seiner Politik, um es mal milde auszudrücken, absolut nicht einverstanden waren, vermutet haben, ist die QAnon-Bewegung, die Trump als den Erlöser stilisiert, alles andere als harmlos. Und es gibt eine Gruppierung, die mit dieser durchaus Überschneidungen aufweist und die ebenfalls keineswegs harmlos ist, und das ist die "Querdenken"-Bewegung, die vor allem eines eint: Nämlich die rigorose Ablehnung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Und da ich mich in der Vergangenheit bereits mehrfach dazu geäußert habe, sehe ich mich in der Verantwortung, auch zu dem jüngsten Ereignis Stellung zu beziehen.

Meine Lieben, der Herbst hat begonnen, und leider hat sich die Befürchtung vieler, dass die Pandemie-Situation noch nicht vorbei ist, bestätigt. Denn die Infektionszahlen steigen wieder, und anstatt dass man frühzeitig darauf reagiert hat, hat man den Sommer über alles schleifen lassen. Der einzige Unterschied zu früher ist allerdings, dass die allermeisten, die jetzt in den Intensivstationen liegen, nicht geimpft sind. Was bedeutet, dass wohl genau das eintreten wird, was, denke ich, keiner gewollt hat: Nämlich dass es in erster Linie für Ungeimpfte zu rigorosen Einschränkungen kommen wird. Und ungerecht ist das vor allem denjenigen gegenüber, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht impfen lassen können. Aber nicht nur das ist es, was neben den bevorstehenden Bundestagswahlen in Deutschland momentan auf Social Media vielfach die Runde macht: Letzten Samstag musste ein junger Mann sein Leben lassen, weil er jemanden dazu aufgefordert hat, eine Maske aufzusetzen. Er war zwanzig Jahre alt, Student und arbeitete nebenbei in einer Aral-Tankstelle in Idar-Oberstein, Rheinland-Pfalz. Als er einem Kunden den Verkauf eines Sixpacks Bier verweigerte, weil dieser keine Maske tragen wollte, holte der 49jährige eine Schusswaffe von zu Hause und tötete den Kassierer durch einen gezielten Schuss in den Kopf. Der Polizei gegenüber erklärte er später, er sei durch die aktuelle Pandemie-Situation "belastet" gewesen und habe mit dem Mord an dem jungen Mann "ein Zeichen setzen" wollen.

Wie ihr wisst oder euch denken könnt, wird diese Tat in den sozialen Netzwerken sehr kontrovers diskutiert. Während die einen sich fragen, was mit unserer Gesellschaft passiert ist, dass ein Mensch, noch dazu einer, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte, wegen etwas so Banalem wie einer Maske sterben musste, versuchen die anderen, die Tat zu einem "tragischen Einzelfall" zu stilisieren, der mit Querdenken überhaupt nichts zu tun hat. Manche sprechen auch von einer "False-Flag-Aktion" oder wollen "der Antifa" die Schuld in die Schuhe schieben, während andere wiederum "die Regierung" oder "das System" dafür verantwortlich machen. Ich hörte auch von "Mord im Affekt" oder gar "Notwehr"; manche betrieben auch Täter-Opfer-Umkehr, denn hätte der junge Mann den Kunden nicht dazu aufgefordert, eine Maske zu tragen, wäre das alles nicht passiert. Manche erklären sogar, sie hätten in dieser Situation genauso gehandelt, rufen sogar zu weiteren Morden auf. Und das ist eben der Punkt: Inzwischen ist bekannt, dass der Täter in den Narrativen der Corona-Leugner äußerst bewandert ist, dass er rechtspopulistische Medien konsumierte und Anhänger der AfD ist, dass er schon vor zwei Jahren Gewaltphantasien äußerte und Waffen hortete. Die Tat geschah also weder im Affekt noch aus Notwehr - der Mann holte eine Schusswaffe von zu Hause und kehrte in die Tankstelle zurück in der Absicht, denjenigen zu töten, der ihn zum Tragen einer Maske aufgefordert hatte. Es war eiskalter Mord und nichts anderes. Und das ist der Punkt: Nicht alle, die sich als "Querdenker" bezeichnen, sind potenzielle Mörder, aber es gibt durchaus Leute unter ihnen, die Gewalt durchaus für ein legitimes Mittel halten, um sich gegen etwas zu wehren, was sie als Menschenrechtsverletzung empfinden. Rechtsanwalt Chan-jo Jun bezeichnet dies als "stochastischen Terrorismus": Einer großen Anzahl von Menschen, die für sich genommen wahrscheinlich niemals auf die Idee kommen würden, einen Mord zu begehen, wird so lange eingeredet, ungerecht behandelt zu werden, dass diese eine gewalttätige Reaktion auf dieses Unrecht letztendlich als "Notwehr" empfinden - und einer von ihnen irgendwann tatsächlich zum Mörder wird. Und nein - das bedeutet auch nicht, dass alle "Querdenker" Terroristen sind. Allerdings haben einige von ihnen die Möglichkeit, dass ein Außenstehender ihretwegen sein Leben verliert, billigend in Kauf genommen, und man muss kein Genie sein, um zu verstehen, dass die Zündele auf Social Media durchaus ihren Teil dazu beigetragen hat, dass letztendlich einer von ihnen zur Waffe griff. Daran gibt es nichts schönzureden.

Wer meinen Blog schon länger verfolgt, dem kann nichts entgangen sein, dass ich immer wieder mal darauf aufmerksam gemacht habe, dass "Querdenker" und Konsorten weitaus mehr sind als nur ein Haufen harmloser Spinner. Ich erlebe es bereits seit über einem Jahr nahezu täglich auf Facebook, Twitter und Instagram: Man stilisiert sich selbst als unterdrückte Minderheit, Rebell und Widerstandskämpfer und vergleicht sich selbst und seine Gesinnungsgenossen mit Sophie Scholl und den Juden im Zweiten Weltkrieg; man erklärt alle Andersdenkenden zum Feind und reagiert oft höchst aggressiv auf jeglichen Widerspruch; Politiker, Wissenschaftler und Journalisten werden als das ultimative Böse dargestellt, so sehr, dass ihnen selbst das Menschsein abgesprochen wird; man fordert die Verurteilung, Inhaftierung und manchmal sogar Hinrichtung seiner vermeintlichen Unterdrücker; man bildet sich ein, über ein "geheimes Wissen" zu verfügen, erhebt sich über all die dummen "Schlafschafe" und erklärt sie zu Mittätern, denn sie sind die Stützen des Systems. Diese Leute haben vielen Versprechungen geglaubt, die nicht gehalten werden konnten, und wurden vermehrt zum Sturz eines Systems mobilisiert, der dann nicht stattfand - sie haben so viel Aggression aufgestaut, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sich diese irgendwann einmal entlädt. Was geschehen ist, kam nicht einfach so aus dem Nichts - bereits auf den Demonstrationen wurden Journalisten angegriffen, die zu Handlangern der "Lügenpresse" erklärt wurden; man verhielt sich aggressiv gegenüber Ärzten und Wissenschaftlern, die nicht sagten, was man hören wollte, und beging Anschläge auf Impfzentren. Eigentlich hätte all dies schon viel früher hellhörig machen müssen - stattdessen werden Rechtsradikale und Verschwörungsideologen immer noch als "besorgte Bürger" verharmlost.

Was bleibt, ist die Tatsache, dass eine Banalität dazu führte, dass jemand es für notwendig befand, einen anderen Menschen "symbolisch" hinzurichten. Eine einfache Maske wurde zu einem Politikum, indem ein Teil der Bevölkerung wohlhabender Nationen diesen als Symbol für ihre angebliche Unterdrückung stilisierte. Die Verpflichtung, an bestimmten Orten eine Maske aufzusetzen, wird als Erniedrigung verstanden, diejenigen, die auf die Ausführung dieser Pflicht bestehen, als Handlanger einer vermeintlichen Diktatur, die Verweigerung derselben als Akt der Rebellion im Namen der Freiheit. Die Gewalt begann nicht damit, dass ein junger Mann, der seinen Job machte, durch einen Kopfschuss getötet wurde; sie begann mit verbalen Angriffen, mit Drohungen gegen all jene, die man zum Feind stilisiert hatte, mit körperlicher Aggression auf Demonstrationen, mit Aufforderungen zur Verurteilung all jener, die man für die aktuelle Situation verantwortlich macht, mit dem Versuch, die demokratische Grundordnung zu delegitimieren. Deswegen mein Appell an all diejenigen, die das immer noch nicht begriffen haben: Selber denken und hinterfragen ist nicht nur legitim, sondern auch wichtig - aber das bedeutet, auch sich selbst und seine eigene Meinung immer wieder zu überprüfen und nicht blind alles zu glauben, nur weil es einem gerade gut gefällt. Denn auch wenn ihr es nicht wahrhaben wollt: Auch diejenigen, die nicht eurer Meinung sind, sind in der Lage, selbst zu denken und zu hinterfragen. Auch diejenigen, die die Existenz der Pandemie anerkennen, plappern nicht unkritisch alles nach, was " die da oben" vorbeten und feiern nicht alle Maßnahmen unhinterfragt ab. Und es ist auch ein bisschen inkonsequent, einerseits so kritisch jenen gegenüber zu sein, die einem nicht sagen, was man hören will, andererseits aber so blind jedem zu glauben, von dem man sich bestätigt fühlt. Es ist nicht alles so einfach, auch wenn es noch so verlockend ist, das zu denken. Jeder aufmerksame Leser dieses Blogs, der ehrlich zu sich selbst ist, muss doch zugeben, dass auch ich durchaus Kritik übe an jenen Dingen, die falsch laufen - der Unterschied ist halt, dass ich vermeintliche Lösungen von rechts nicht als solche begreife. Ich habe in meinem Leben auf die harte Tour gelernt, dass unangenehme Dinge nicht einfach so verschwinden, nur weil man die Augen davor verschließt.

Und um das klarzustellen: Jemanden "symbolisch" hinzurichten, weil er die eigene Meinung nicht teilt, ist undemokratisch und menschenfeindlich - ebenso aber auch, solche Taten zu relativieren, zu verharmlosen oder sogar gutzuheißen. Das geht über die Art von Reibung hinaus, die zu jeder Demokratie gehören und die diese auch aushalten muss. Wer so handelt, hat kein Interesse an einem demokratischen Diskurs - man muss sich doch nur mal anhören, was manche dieser Leute so von sich geben, und erkennt sofort, dass die Hysterie und Panikmache nicht von diesen ausgeht, die über eine Pandemie aufklären, sondern von jenen, die von "Verbotsdiktatur", "Linksrutsch" und "Bevölkerungsaustausch" fabulieren. All diese verbalen Entgleisungen haben einen fundierten Protest so gut wie unmöglich gemacht. Und ja, noch einmal: Nicht alle, die sich als "Querdenker" bezeichnen, sind Nazis, aber es scheinen sich doch etliche, die dort was zu sagen haben, mit rechtsextremem Gedankengut recht wohl zu fühlen. Ich bin mir bewusst, dass man mit vielen, die sich im Widerstand wähnen, nicht mehr vernünftig diskutieren kann, aber ich hoffe doch, dass ich vielleicht den einen oder anderen noch erreichen kann. Mein Gedanke ist bei der Familie des zwanzigjährigen Alexander W., der sein Leben verlor, weil er seinen Job zufriedenstellend erledigen wollte - ich wünsche ihnen viel Kraft und Mut in der nächsten, zweifelsohne sehr, sehr schweren Zeit. Mes condoléances sincères!

vousvoyez

https://www.tagesspiegel.de/politik/entsetzen-ueber-mord-in-idar-oberstein-vermeintlichen-feinden-wird-das-menschsein-abgesprochen/27633130.html

https://www.youtube.com/watch?v=VYc7jwou5Iw

Samstag, 18. September 2021

Das Internet ist wie Ostern - jeder hat Eier.

https://sherlockholmes.fandom.com/de/wiki/Cottingley_Fairies?file=Cottingley-faires.jpg












Im echten Leben sieht's dann meistens schon ein bisschen anders aus. Wobei ich kürzlich im Standard eine lustige Geschichte gelesen habe - über einen Typen, dem nach der Covid-Impfung die Testikel angeschwollen seien, woraufhin ein österreichischer Forscher konterte, dass diese Symptome eher auf eine Chlamydien-Infektion hinwiesen, also auf eine Geschlechtskrankheit. Mit anderen Worten: Pass auf, welche Geschichten du in die Welt setzt - ansonsten könnte es peinlich für dich werden!

Geschichten, die anders ausgehen, als man es erwartet, gibt es ja immer wieder. Ich habe ein paar Jahre lang im Stadtbezirk Waltendorf gelebt, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine eigenständige Marktgemeinde war, ehe er 1938 eingemeindet wurde. Hier lebte einst eine Berühmtheit aus der Welt des Spiritismus: Maria Silbert, die Seherin von Waltendorf, deren Séancen vor allen in den 1920er Jahren sehr beliebt waren. Schon ihre Großmutter soll Hellseherin gewesen sein, ihre eigene Gabe hätte sich schon im Kindesalter gezeigt. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs begann die verwitwete ausgebildete Lehrerin und zehnfache Mutter, spiritistische Sitzungen in ihrer Wohnung abzuhalten. Berichtet wird davon, dass sich der Tisch bewegte und Klopfgeräusche zu hören waren, außerdem sei es zu geisterhaften Erscheinungen gekommen. Bekannt wurde vor allem ihr Hausgeist "Nell" (kurz für Vincentius Coronelli), einst Ordensgeneral der Franziskaner, der sich mittels Klopfzeichen verständigt haben soll - es existiert sogar ein Abdruck seines Gesichtes, das er 1922 auf Wunsch eines Séance-Teilnehmers in weichen Ton gedrückt haben soll. Bekannt sind auch mehrere Geistererscheinungen in einem südsteirischen Weinhaus, die in ihrer Anwesenheit stattgefunden haben sollen. Als Frau Silbert 1936 starb, soll ein bläuliches Lichtband aus ihrem Mund auf die Straße hinausgeschwebt sein. Doch schon zu ihren Lebzeiten gab es nicht nur Bewunderer, sondern auch Zweifler, unter ihnen auch der Experimentalphysiker Hans Benndorf, der 1924 mehrere Augenzeugenberichte veröffentlichte, laut derer es sich bei dem Medium um eine Schwindlerin gehandelt haben soll. So soll sie Teilnehmer unter dem Tisch mit dem Fuß angestupst und behauptet haben, die Berührungen kämen von Geistern, und bei dem vermeintlichen Ektoplasma habe es sich um einen gestrickten Strumpf gehandelt. Als nach Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Wohnung entrümpelt wurde, stieß man auf einen Tisch, in dessen Beine Federn eingebaut waren, die das Möbel mittels eines Knopfs auf der Unterseite der Tischplatte zum Hüpfen brachten. Trotzdem gibt es natürlich bis heute Personen, die sie für ein echtes Medium halten - auch wenn Zeitzeugen mittlerweile rar geworden sind. In einer parapsychologischen Zeitschrift wird in einem weinerlichen Artikel behauptet, sie sei von einer großen Anzahl von Wissenschaftlern untersucht worden, die alle bestätigt haben sollen, dass ihre Gaben echt seien - wie in vielen Fällen waren das allerdings wohl eher jene, die ohnehin schon an Spiritismus und Parapsychologie glaubten, was zur damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches war.

Geschichten über Geistererscheinungen und dergleichen sind Themen, die wohl bereits aktuell sind, seit es Menschen gibt - die Entstehung des modernen Spiritismus wird allerdings meistens mit den Fox-Schwestern in Verbindung gebracht. Familie Fox lebte in einem Haus in Hydesville im Staat New York, dem nachgesagt wurde, dass es hier spuke, und tatsächlich berichtete die Familie des Öfteren von einem Klopfen und Schleifen, dessen Ursache nicht feststellbar sei. Im Jahr 1848 behaupteten die beiden jüngsten Töchter Margret und Catherine, damals zwölf und fünfzehn Jahre alt, sie hätten die Fähigkeit, mit diesen Geistern in Kontakt zu treten; irgendwann schaffte es Kate, den Geist dazu zu bringen, auf ihr Fingerschnippen zu antworten - von da an kamen immer wieder Nachbarn ins Haus, um sich das Phänomen vorführen zu lassen. Die Mädchen behaupteten, dass vor ihrem Einzug jemand in dem Haus ermordet worden sei, und tatsächlich fand man im Keller ein paar Knochen, die man als Beweis verbuchte. Daraufhin bezichtigten die Schwestern einen der vorherigen Bewohner des Mordes - dieser wurde zwar weder verhört noch verhaftet, verlor jedoch sein gesellschaftliches Ansehen. Als daraufhin immer mehr Leute ins Haus kamen, um die hellsichtigen Mädchen zu sehen, schickten die Eltern Margret und Kate zu deren ältester Schwester Leah und ihrem Bruder David nach Rochester - wo jedoch ebenfalls schon bald in deren Häusern Klopfzeichen zu hören waren. Bald formierte sich aus Freunden und Nachbarn die erste spiritistische Gemeinde in den USA; die Fox-Schwestern waren schon bald so berühmt, dass prominente Persönlichkeiten zu ihren Séancen erschienen, die beiden ganz Amerika und Europa bereisten und es schon bald etliche Nachahmer gab, die behaupteten, mit Geistern zu sprechen.

Doch der Ruhm forderte auch seinen Tribut, wie es häufig bei jungen Stars der Fall ist; Kate und Maggie waren während ihrer Séancen häufig Themen ausgesetzt, die von jungen Damen der Gesellschaft normalerweise ferngehalten wurden. Plötzlich befreit von gesellschaftlichen Zwängen und dem strengen Elternhaus, verfielen die beiden Mädchen Alkohol und Leichtsinn. Beide verwitweten früh, Kate war alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen, und 1888 kam es vorübergehend zum Bruch zwischen den beiden. Als sie sich dann auch noch mit Leah zerstritten, beschlossen sie, ihr eins auszuwischen, und Maggie gestand vor einem großen Publikum in New York, dass ihre und Kates spirituelle Fähigkeiten in Wirklichkeit reiner Schwindel waren - eine Hinterlist, wie man sie kleinen Mädchen natürlich nicht zugetraut hätte. So hatten sie die Klopfgeräusche in ihrem Elternhaus mit einem Apfel an einer Schnur fabriziert; außerdem konnten sie Laute durch das Knacken ihrer Zehengelenke erzeugen, die natürlich unter den langen Kleidern der damaligen Zeit nicht zu sehen waren. Moderne Untersuchungen fanden zudem heraus, dass es sich bei den Knochen, die damals im Keller des Hauses gefunden worden waren, um Tierknochen gehandelt hatte. So fielen die beiden Schwestern in Ungnade, wurden von ihren Freunden und Kollegen verstoßen, bezeichneten den Spiritismus als böse und starben in Armut. Trotzdem wuchs die Spiritismus-Bewegung in den USA und Europa weiterhin, und auch heute gibt es immer noch viele, die daran glauben, und alle möglichen Modeerscheinungen, die damit zu tun haben.

Dass die Ostküste den USA bei der Entwicklung des modernen Spiritismus eine so große Rolle spielte, ist übrigens kein Zufall - denn die religiösen Bewegungen wie Quäker und Mormonen, die sich hier angesiedelt hatten, waren schon lange überzeugt davon, dass es möglich sein müsste, mit Engeln oder Toten zu kommunizieren. Zudem trug die zunehmende Industrialisierung und Verstädterung mit Sicherheit auch zu der Sehnsucht der Menschen nach Übersinnlichem bei. Gleichzeitig waren spiritistische Bewegungen gesellschaftlich häufig sehr progressiv - ihre Anhänger:innen kämpften beispielsweise nicht selten für Frauenrechte und die Abschaffung von Sklaverei und nutzten Geisterbeschwörungen, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen, denn natürlich waren auch alle beschworenen Geister für die Gleichberechtigung aller. Zudem war Spiritismus eine der wenigen Nischen, in denen es Frauen gelang, sich finanziell unabhängig zu machen, Besonders der Amerikanische Bürgerkrieg im Jahre 1860 verschaffte dem Spiritismus an Bedeutung, denn natürlich wollten die Hinterbliebenen mit ihren verstorbenen Angehörigen Kontakt aufnehmen. Nicht umsonst ist die literarische Romantik sehr von Schauerromanen geprägt, und wie wir wissen, entstand damals auch die erste Horrorliteratur.

Wie schon angedeutet, gab es damals natürlich auch etliche prominente Persönlichkeiten, die sich dem Spiritismus zuwandten. Zu ihnen gehörte etwa Arthur Conan Doyle, Autor der berühmten Sherlock-Holmes-Reihe, über die ich an anderer Stelle ja bereits berichtet habe; dieser befasste sich bereits zu Studienzeiten mit Spiritismus und Okkultismus. Sein Glaube daran wurde vor allem von einem Mädchenstreich befeuert, der natürlich wieder an die Fox-Schwestern denken lässt: Im Jahr 1917 kamen die Cousinen Elsie Wright und Frances Griffith, damals sechzehn und neun Jahre alt, auf die Idee, Elsies Vater zu foppen, indem sie sich seine Fotokamera ausborgten und sich gegenseitig inmitten geflügelter Gnomen und Feen an jenem Bach im englischen Dorf Cottingley, an dem sie immer spielten, fotografierten. Die Märchengestalten waren von Elsie aus Princess Mary's Gift Book, einer illustrierten Sammlung aus Erzählungen und Gedichten, auf Karton abgezeichnet, ausgeschnitten und mit Hutnadeln versehen worden. 1920 fielen die Fotos in die Hände des damals bekannten Theosophen Edward Gardner, der die Aufnahmen zusammen mit einem Fotografie-Experten als echt zertifizierte - in der Folge wurden sie als einer der größten Presseschwindel des 20. Jahrhunderts bekannt. Nun, natürlich ist aus heutiger Sicht absolut nicht mehr nachzuvollziehen, wie man auf diese Fotos hereinfallen kann, aber ich finde trotzdem, dass sie ziemlich gut gemacht sind, vor allem gemessen an den damaligen fotografischen Mitteln. Aus diesem Grund habe ich sie auch als Titelbild für diesen Artikel gewählt. Tatsächlich glaubte jedoch Doyle bis zu seinem Lebensende an die Echtheit der Fotos und damit auch an die Existenz von Feen - obwohl vor allem die modischen Frisuren der Feengestalten den Spott seiner Zeitgenossen erregten und diese sogar an der geistigen Gesundheit des Schriftstellers zweifeln ließen.

Um die wissenschaftliche Akzeptanz von Geistererscheinungen zu steigern, freundete sich Doyle mit dem berühmten Zauber- und Entfesselungskünstler Harry Houdini an; dieser litt zu dieser Zeit sehr an dem unerwarteten Tod seiner Mutter, der in ihm gleichzeitig auch eine bizarre, morbide Faszination für alles weckte, was nur irgendwie mit Sterben zu tun hatte. Wie viele Spiritismus-Gläubige, so hielt auch Doyle Houdini für einen echten Magier mit übersinnlichen Fähigkeiten. Darüber hinaus hielt Doyle seine zweite Ehefrau Jean Leckie für ein begabtes Medium; um Houdini von ihren Kräften zu überzeugen, ließ er sie in einer Séance sozusagen durch die Hand von Houdinis Mutter Briefe an deren Sohn schreiben. Dieses Kunststück überzeugte den Illusionisten allerdings nicht; da Houdini das Kind ungarischer Einwanderer war, war es äußerst unwahrscheinlich, dass seine Mutter ihm einen Brief in grammatikalisch korrektem Englisch schrieb. Auch die anderen Geisterbeschwörerinnen, die er durch Doyle kennenlernte, überzeugten ihn nicht; als professioneller Illusionskünstler durchschaute er ihre Tricks natürlich schnell. So wurde Houdini zu einem erklärten Spiritismus-Skeptiker; den Kampf gegen betrügerische Geisterbeschwörer betrachtete er als Lebensaufgabe. Er wurde Mitglied des Komitees der Wissenschaftszeitschrift Scientific Americans, die einen Geldpreis für denjenigen ausschrieb, der seine magischen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte - der jedoch nie vergeben wurde. Houdini entlarvte einen nach dem anderen der selbst ernannten Medien, wodurch er sich in der Spiritisten-Gesellschaft selbstverständlich viele Feinde machte; die Aufklärung über Spiritisten-Tricks war sogar fester Bestandteil seiner nach wie vor gut besuchten Zaubershows. Sein Kampf gegen betrügerische Medien ging sogar über seinen Tod hinaus: Er hatte mit einer Frau, die auch als Assistentin in seinen Shows aufgetreten war, ein Codewort vereinbart; jedes Jahr zu Halloween lud Bess Houdini verschiedene Spiritisten zu einer Séance, um zu prüfen, ob einer von ihnen dieses Codewort herausfinden könnte. Einem gelang es tatsächlich - im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass dieser mit Bess eine Affäre hatte.

Auch Houdinis Kampf gegen betrügerische Medien tat der Faszination für Spiritismus und Okkultismus, wie wir wissen, keinen Abbruch. Und auch nach dem Tod des großen Illusionisten gab es immer wieder spektakuläre Fälle von angeblichen Geistererscheinungen. Eine davon ereignete sich Anfang der 1980er Jahre im bayerischen Neutraubling bei Regensburg: Im Sommer 1981 wurde die Praxis des Zahnarztes Kurt Bachseitz von Anrufen mit verstellter Stimme heimgesucht; wenig später war die Stimme des vermeintlichen Geistes, der sich "Chopper" nannte, auch aus Abflüssen und Spucknäpfen zu hören. Meistens beleidigte und tyrannisierte er die Patienten, manchmal belästigte er auch die sechzehnjährige Zahnarzthelferin Claudia Judenmann, in die er verliebt gewesen sein soll. Bachseitz erstattete Anzeige gegen unbekannt; nicht lange danach wurden Choppers Eskapaden zu einem Medienereignis. Weder die Polizei noch die Fernmeldetechniker der Deutschen Bundespost, die eine Fangschaltung installiert hatten, konnten dem Phänomen auf die Schliche kommen. Schon bald gaben sich Zeitungsjournalisten und Fernsehteams gegenseitig die Tür in der Hand, sogar in Japan, USA und Neuseeland wurde von dem mysteriösen Fall berichtet. Leute strömten in die Praxis und ließen sich die Zähne behandeln in der Hoffnung, von Chopper beleidigt zu werden - sie wurden nicht enttäuscht. Am stärksten befeuert wurde der Medienhype jedoch wahrscheinlich von dem berühmten Freiburger Parapsychologen Hans Bender, der zwar erklärte, dass es sich wohl um ein höchst irdisches Phänomen handelte, aber seine Anwesenheit wurde dennoch als Bestätigung für die Bedeutung des Falles gesehen und Claudia Judenmann zum Medium stilisiert. Je mehr Leute sich bemühten, den Fall aufzuklären, desto reißerischer berichteten die Medien darüber - bis die Kriminalpolizei Regensburg Anfang 1982 den Fall übernahm. Zu diesem Zeitpunkt war die Praxis täglich von Journalisten und Kamerateams überlaufen; besonders die hübsche Claudia schien den Medienrummel sichtlich zu genießen. Die Anwesenheit der Soko trug jedoch letztlich ziemlich schnell zur Aufklärung des "mysteriösen" Falles bei; den Beamten entging nämlich nicht, dass Chopper nur sprach, wenn die junge Zahnarzthelferin im Raum war, und dass sie den Anwesenden im Raum währenddessen immer den Rücken zudrehte. Irgendwann beobachtete einer von ihnen im Spiegel, wie Claudia zu Choppers Geplärre die Lippen bewegte. Kurzerhand beendeten sie die Farce und nahmen die junge Frau sowie ihren Arbeitgeber und dessen Ehefrau ins Verhör. Diese gaben zu, dass sie sich die besondere Akustik der gekachelten Räume zunutze gemacht hatten, um über Hohlgefäße Choppers Geisterstimme zu erzeugen. Warum sie sich diese Geschichte ausgedacht haben, ist bis heute nicht ganz geklärt - wahrscheinlich handelt es sich um einen Scherz, der aus dem Ruder gelaufen ist. Letztendlich wurden alle drei zu hohen Geldstrafen verurteilt; vom öffentlichen Druck gepeinigt, ließ das Ehepaar Bachseitz sich später freiwillig in eine psychiatrische Klinik einweisen, während Claudia, die ihre Arbeitsstelle verloren hatte, eine andere Identität annahm.

Wieder einmal seht ihr also, dass unerklärliche Phänomene meistens sehr logisch zu erklären sind - aber dennoch scheint der Wunsch, sich zu gruseln, in der menschlichen Natur verankert zu sein. Wie ich in meinen Satanismus-Berichten erklärt habe, war es ja auch in meiner Jugend eine Zeitlang Mode, sich mit Gläserrücken und Ritualen mit Kerzen und Spiegeln zu beschäftigen - so sehr, dass selbst den Bravo-Heften oft solche Dinge wie Pendel, Tarot-Karten oder Ouija-Brettern beilagen, vor deren Benutzung dann auf den Dr.-Sommer-Seiten eindringlich gewarnt wurde: der berühmte rosarote Elefant also. Und auch heute gibt es immer wieder Trends, die allerdings natürlich an die Zeit angepasst sind, seien es YouTube-Videos über Rituale zum Nachmachen oder auch gruselige Internet-Phänomene wie Momo oder Jonathan Galindo. Ich bin mir sicher, dass auch die nächste Generation wieder ihre eigenen Gespenstergeschichten haben wird, bei denen sie sich gruseln kann. Gespenstergeschichten hören eben nie auf, spannend zu sein.

vousvoyez

Mittwoch, 8. September 2021

Die Reise nach Jerusalem können Österreicher zurzeit nur in einem Gesellschaftsspiel antreten



@funkmastacrump
Ein Spruch des von mir so geschätzten Peter Klien, dessen Satire-Sendung Gute Nacht Österreich, die ich wirklich gerne geschaut habe, bekanntlich abgesetzt wurde, weil er sich zu kritisch zur Kurz-Regierung äußerte - womit er sich in eine ganze Reihe großartiger satirischer ORF-Sendungen einreihte, die alle dran glauben mussten, weil sie irgendwann einmal auf zu viele furchtbar wichtige Zehen getreten sind. Natürlich ist auch dies ein Zitat aus der Zeit des ersten Lockdowns, als noch nicht absehbar war, wie viel uns die Pandemie tatsächlich kosten würde - und hier spreche ich nicht nur von Geld. Mich hat sie vor allen Dingen Nerven gekostet - wie man wohl vor allem zu Beginn dieses Jahres auch in diesem Blog gemerkt hat. Aber da war ich auch nicht die einzige. Und ehrlich gesagt bin ich auch schon wieder leicht genervt, weil wir gerade mit Karacho auf eine vierte Welle zusteuern - wovor wir schon vor Monaten gewarnt wurden, aber wir wollten ja nicht hören.

Wie ihr wisst, nutze ich diesen Blog sehr gerne, um Dampf abzulassen - und anscheinend kommt das auch ganz gut an, jedenfalls habe ich da schon einiges an positivem Feedback bekommen. Da ich mich allerdings nicht ausschließlich mit dem leidigen Thema beschäftigen will, dachte ich mir, ich schreibe heute mal wieder über etwas anderes - etwas, das zwar ebenfalls mit Gesellschaftskritik zu tun hat, das uns aber dennoch ein wenig von dem Pandemie-Thema wegbringt. Wie ihr wisst, habe ich ja eine sehr beliebte Rubrik auf diesem Blog, in der ich mich vor allem mit en Hintergründen zu den Disney-Filmen beschäftige. Im Zuge dessen habe ich schon sehr lange den Gedanken im Hintergrund, mich auch einmal mit dem Thema Propaganda in den Werken der Walt Disney Company zu befassen. Dabei bin ich auf ein Kapitel in Walt Disneys Biographie gestoßen, das anscheinend nicht so bekannt ist - ich jedenfalls habe zuvor noch nie davon gehört. Dieses Kapitel umfasst auch zwei Filme aus der Meisterwerk-Reihe, mit denen ich mich bisher noch nicht befasst habe, weil ich keine Ahnung hatte, was ich mit ihnen anfangen soll. Mittlerweile weiß ich jedoch, welche Intention dahinter steckt, weshalb ich mich heute endlich mal mit ihnen beschäftigen werde.

Saludos Amigos und The Three Caballeros erzählen keine durchgängige Geschichte, sondern bestehen aus einzelnen Segmenten, die aneinander gereiht und durch eine Rahmenhandlung verbunden wurden. Ähnlich wie Song of the South, worüber ich ja auch schon einmal einen Artikel geschrieben habe, so bestehen auch diese Filme aus Zeichentrick- und Realfilmsequenzen, die in The Three Caballeros ineinander verwoben sind. Technisch und künstlerisch sind sie zweifelsohne sehr gut gemacht - die Geschichten sind teilweise allerdings ein wenig seltsam, und ideologisch sind sie auch nicht unbedenklich. Aber mal zum Anfang.

Die Erfolgsgeschichte von Walt Disney, der aus einfachen Verhältnissen stammte und dessen Namen heute das weltweit größte Medienunternehmen trägt, ist ein großer Mythos der US-Historie, bedient sie doch in perfekter Art und Weise das Narrativ des vom Tellerwäscher-zum-Millionär-Märchens, welches sich trotz der sukzessiven Entzauberung des amerikanischen Traums immer noch hervorragend verkauft. In der magischen Welt der Walt Disney Company siegt das Gute immer über das Böse, Zwischentöne gibt es nicht - entsprechend ist Kritik an ihrem Schöpfer dort auch nicht allzu gern gesehen. Und dennoch wissen wir mittlerweile, dass in der Geschichte jenes Mannes, der mit viel Beharrlichkeit und Fleiß ein ganzes Imperium schuf, das bis heute Kinderherzen zum Leuchten bringt, nicht alles eitel Wonne war - und dass sein umfangreiches Werk, das unabhängig von Sprache und Kultur auf der ganzen Welt gekannt und verstanden wird, natürlich auch für politische Zwecke missbraucht wurde. Wir wissen, dass Disney selbst ein glühender Republikaner und leidenschaftlicher Antikommunist war, der seine Mitarbeiter am liebsten wie Leibeigene behandelt hätte und die meisten ihrer genialen Ideen für seine eigenen ausgab - und dass er während des Zweiten Weltkriegs, als der europäische Markt wegfiel, jede Möglichkeit ergriff, sein Studio über Wasser zu halten. Übrigens war er da auch nicht der einzige.

Walt Disney, der in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen war und schon früh seine künstlerische Begabung entdeckte, begann als junger Mann in Kansas City, mit Animationstechniken zu experimentieren und ging 1923 nach Hollywood, wo er zusammen mit seinem Bruder Roy das Disney Brothers Cartoon Studio gründete. Den großen Durchbruch bescherte ihm bekanntlich im Jahr 1928 eine anthropomorphe Maus, die ihre beispiellose Karriere vor allem einer technischen Innovation verdankte - nämlich dem Tonfilm. Einer der ersten Zeichentrickfilme mit Tonspur, Steamboat Willie, läutete die goldene Ära der Disney-Studios ein, die in der Produktion des ersten abendfüllenden Zeichentrickfilms Schneewittchen und die sieben Zwerge aus dem Jahre 1937 gipfelte. Die Glückssträhne endete jedoch mit dem Zweiten Weltkrieg, vor allem deshalb, weil der europäische Markt wegfiel - weitere Langfilme konnten den durchschlagenden Erfolg von Schneewittchen nicht wiederholen, und die Disney-Studios gerieten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Zu allem Überfluss machte sich unter den Angestellten aufgrund der miserablen Arbeitsbedingungen, der fehlenden Wertschätzung und der schlechten Bezahlung allmählich Unmut breit, was 1941 zu einem handfesten Streik führte. All dies zwang Disney dazu, seine Fühler anderweitig auszustrecken - und eine Möglichkeit, die sich ihm dabei bot, war Nelson Rockefellers "Good Neighbour Policy", die ihm einen neuen Markt erschließen sollte.

In den 1940er Jahren war die größte Sorge der USA der wachsende globale Einfluss Deutschlands und Japans; sie befürchteten vor allem, dass Deutschland zu viel ideologischen und politischen Einfluss auf die lateinamerikanische Bevölkerung nehmen könnte, und das nicht zu Unrecht, hatte sich doch eine hohe Anzahl japanischer, italienischer und vor allem deutscher Einwanderer auf südamerikanischem Boden angesiedelt - speziell in Brasilien und Argentinien wuchs die Präsenz der Nationalsozialisten. Für die USA war jedoch vor allem Südamerika im Kriegsfall von großer Bedeutung, vor allem wegen der Rohstoffe und der Lebensmittelversorgung. Aufgrund dessen startete der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt mit Hilfe von Nelson Rockefeller, dem Sohn des Ölmagnaten John D. Rockefeller, der bereits in den 1930er Jahren vermehrt in verschiedene südamerikanische Länder gereist war, eine breit angelegte Imagekampagne, unter anderem durch staatlich geförderte wissenschaftliche und kulturelle Austauschprogramme, was 1940 zur Gründung des Office of Inter-American Affairs (OIAA) führte. Dieses nutzte unter anderem auch Hollywood, um den USA in Lateinamerika ein besseres Image zu verpassen, weshalb es Kulturvermittler einsetzte, die Filmen mit südamerikanischem Bezug ein authentischeres Bild verpassen und kulturellen Missverständnissen vorbeugen sollten. Man setzte jedoch nicht nur auf Kinofilme, sondern vor allem auch auf Lehr- und Bildungsfilme, um die Bekanntheit amerikanischer Wertmaßstäbe und Konsumprodukte zu steigern, da diese selbst in entlegenen Gegenden gezeigt werden konnten und so ein breiteres Publikum erreichten.

Da Walt Disney in Südamerika bereits eine hohe Popularität genoss, trat Rockefeller 1941 an ihn heran mit der Idee einer "goodwill tour", bei der er als Kulturbotschafter der USA quer durch die südamerikanischen Staaten reisen und nebenbei noch Ideen für neue Filme entwickeln sollte, mit denen er die Herzen der dortigen Zuschauer gewinnen konnte. Dies war für Disney einerseits eine willkommene Gelegenheit, den Problemen im Studio für eine Weile den Rücken zu kehren, andererseits konnte er so gleichzeitig Material für neue Filme sammeln, die das Potenzial hatten, ihm wieder zu finanziellem Erfolg zu verhelfen. So reiste er zusammen mit seiner Frau und einigen ausgewählten Mitarbeitern zwei Monate lang durch Argentinien, Brasilien, Chile, Ecuador, Peru und Uruguay, wo er überall mit Jubel empfangen wurde. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten realisierte er vier Kurzfilme, die sich jeweils auf ein anderes Land bezogen und die am Ende zu einem einzigen Film zusammengefasst wurden. Saludos Amigos (dt. Grüß euch bzw. Drei Caballeros im Sambafieber) unter der Regie von Norm Ferguson, Wilfried Jackson, Jack Kinney, Hamilton Luske und Bill Roberts hatte seine Weltpremiere 1942 in Rio de Janeiro und war damit der erste Disney-Film, der nicht in den USA uraufgeführt wurde.

Der aufwändig gestaltete Technicolor-Film besteht aus verschiedenen Realfilm- und Cartoon-Segmenten, eine Kombination, die zur damaligen Zeit noch neu war. Die Realfilmaufnahmen, die Disneys Reise dokumentieren, liefern hier die Rahmenhandlung rund um die vier Zeichentrickszenen. Die erste handelt von Donald Ducks Reise an den Titicacasee, im Zuge derer er versucht, auf einem Lama eine Hängebrücke heil zu überqueren; die zweite erzählt von Pedro, einem kleinen Flugzeug mit Kindergesicht, das die waghalsige Reise über die Anden von Chile nach Argentinien antritt, um die Postsendung seines Vaters in Mendoza abzuholen; in der dritten schlüpft Goofy in die Rolle eines argentinischen Gauchos; in der vierten wird Donald von einem grünen Papagei in die Geheimnisse der brasilianischen Kultur eingeführt. Insgesamt wirkt der Film wie eine Mischung aus Reisetagebuch und Werbespot - aus heutiger Sicht wirkt das Gesamtkonzept gerade durch die niedlich-kindliche Aufmachung ziemlich überholt, ja sogar herablassend. Bereits damals fand jenes Segment, in dem Goofy sich als Gaucho versucht, beim südamerikanischen Publikum keinen besonders großen Anklang, und tatsächlich zeugt die Art und Weise, wie hier ein nationales Symbol verballhornt wird, nicht gerade von großem kulturellem Verständnis. Die tragende Bedeutung der Gauchos für das Nationalgefühl vor allem der Argentinier und Uruguayer ist in etwa mit der des Cowboys in den nordamerikanischen Südstaaten vergleichbar - vor diesem Hintergrund ist es nur allzu verständlich, dass das amerikanische Publikum über die Charakterisierung ihres Landes durch Disney nicht allzu begeistert war. Goofy zeigt sich als Gaucho ebenso doof und ungeschickt, wie man es von ihm gewohnt ist; er streift gemütlich durch die Pampas, spielt Gitarre, kämpft ab und zu mit der Kontrolle über sein Pferd, mit dem er in Ermangelung einer Frau auch zu argentinischer Folkloremusik tanzt, und macht mit der Bola, einer traditionellen Wurfwaffe, Jagd auf einen Strauß, wobei er sich hier ebenfalls eher dämlich anstellt.

Im Gegensatz dazu eroberte vor allem der niedliche grüne Papagei José Carioca aus Rio de Janeiro die Herzen der Zuschauer, und tatsächlich ist er, obwohl er mit seinem temperamentvollen, unbekümmerten, fast ein wenig verantwortungslosen Charakter durchaus ebenfalls ein Klischee bedient - nämlich das des südamerikanischen Frauenhelden -, die mit Abstand gelungenste Figur des Films, weshalb er schnell zu dessen heimlichem Star avancierte. Ganz allgemein ist das letzte Segment der technische und visuelle Höhepunkt des Films - José Carioca führt Donald durch Rio, bringt ihm bei, Samba zu tanzen und macht ihn mit dem Geschmack des berühmten Cachaça bekannt. Der Charme des Papageis stiehlt Donald schnell die Show, und obwohl er sich in Europa und den USA lediglich als Nebendarsteller etablierte, erlangte er in späterer Folge zumindest in Comics die Hauptrolle. Der von Ari Baroso komponierte Samba Aquarelo do Brasil, der in dieser Szene zu hören ist, wurde durch den Film übrigens weltberühmt - bis heute wird er häufig als akustische Untermalung in Filmen und Dokumentationen verwendet, die Brasilien zeigen.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass das Brasilien-Segment das einzige ist, das jenen zeitlosen Unterhaltungswert bietet, den man sich von einem Disney-Film erwartet. Die betont kindgerechte Darstellungsweise kann zumindest rückblickend nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film auch für damalige Verhältnisse keinerlei Informationsgehalt bietet, sondern lediglich Klischees. Auffällig ist auch das Whitewashing in den Realfilmszenen, das Zeigen von ausschließlich weißen Menschen, das allerdings in allen US-amerikanischen Filmen der damaligen Zeit üblich war, und auch die mangelnden Kenntnisse Donalds der portugiesischen Sprache, während José Carioca fließend Englisch spricht - was viele wahrscheinlich als Nebensache werten würden, betont die als selbstverständlich klassifizierte Vormachtstellung der USA gegenüber den südamerikanischen Ländern. Trotz all dieser Kritikpunkte wurde der Film allerdings ein Kassenschlager - der einzige während der Kriegsjahre. Sein Erfolg inspirierte Disney zu einem weiteren Film mit südamerikanischer Thematik.

The Three Caballeros (dt. Drei Caballeros) wurde 1944 in Mexiko City uraufgeführt; Regie führten Norman Ferguson, Clyde Geronimi, Jack Kinney und Bill Roberts. Da auch die USA bereits aktiv im Zweiten Weltkrieg involviert waren und die Disney-Zeichner damals größtenteils mit Ausbildungsfilmen für die Armee und Propagandafilmen gegen den Nationalsozialismus beschäftigt waren, war dieses bunte Spektakel für sie eine willkommene Abwechslung, auch wenn es durch die anderen Projekte immer wieder zu Unterbrechungen kam. In den USA wurde der Film nur einmal zur Gänze aufgeführt; ein paar Segmente wurden jedoch später als eigenständige Kurzfilme veröffentlicht (was erklärt, warum mir ein paar Szenen so bekannt vorkamen). Aufgrund der Kombination von Zeichentrick und klassischem Spielfilm gilt er als filmtechnische Errungenschaft - tatsächlich ist es eher die Experimentierfreudigkeit, die diesen Film sehenswert macht, denn die Handlung ist einigermaßen verwirrend. Bei manchen Details habe ich mich außerdem gefragt, was die mit Südamerika zu tun haben sollen  - etwa der improvisierte Stierkampf und der fliegende Teppich.

Wie Saludos Amigos, so besteht auch The Three Caballeros aus mehreren Segmenten, die durch eine Rahmenhandlung miteinander verbunden sind: Donald Duck hat Geburtstag und erhält von seinen südamerikanischen Freunden ein großes Paket, in dem sich drei weitere, kleinere Päckchen befinden. Er öffnet das erste, und heraus kommen ein Filmprojektor, eine Leinwand sowie eine Filmrolle. Diese enthält einen Kurzfilm namens Aves Raras (Seltene Vögel), der von dem Pinguin Pablo handelt, der sich über die Kälte in der Antarktis beschwert, bis er es schließlich nach Südamerika schafft, wo er in einer Hängematte liegt und sich von den dort ansässigen Schildkröten bedienen lässt. Anschließend wird gleich einer Dokumentation der südamerikanische Urwald zeigt sowie ein paar Vögel, die offensichtlich nicht alle Latten am Zaun haben. Irgendwann wird dann die Geschichte des kleinen Gauchito erzählt, eines Jungen, der nach einem Kondor sucht und dabei aus völlig unerfindlichen Gründen einen fliegenden Esel in einem Horst entdeckt.

Im zweiten Paket befindet sich ein Aufklapp-Bilderbuch, aus dem José Carioca springt und Donald nach Baía einlädt. Also reisen sie nach Salvador de Baía und treffen dort auf die brasilianische Schauspielerin und Sängerin Aurora Miranda, deren ältere Schwester Carmen Miranda jene von ihr selbst kreierte, aus Südfrüchten bestehende Kopfbedeckung, die heute als Tutti-Frutti-Hut weltberühmt ist, zum Inbegriff weiblicher Exotik. Aurora wird von zahlreichen männlichen Bewunderern umschwärmt, die aus irgendeinem Grund diese rot-weiß gestreiften T-Shirts tragen, die wir damals in Österreich als "Ruderleiberl" bezeichnet haben, weil sie eigentlich zur Tracht der venezianischen Gondolieri gehört. Die Tatsache, dass in dieser Szene ausschließlich weiße Menschen zu sehen sind, stößt besonders bitter auf, wenn man weiß, dass Baía die brasilianische Region mit dem höchsten Anteil an schwarzer Bevölkerung ist - allerdings darf man nicht vergessen, dass sowohl in Hollywood als auch in Brasilien schwarze Hautfarbe als "rückständig" und weiße Hautfarbe als "fortschrittlich" galt, und dass schwarze Künstler außerhalb ihrer Community nur selten sichtbar waren.

Als Donald und José das dritte Paket öffnen, kommt eine Tonspur heraus, die explodiert, woraufhin der rote mexikanische Hahn Panchito erscheint, der, nachdem er das Lied Three Caballeros angestimmt hat, den mexikanischen Brauch der Piñata erklärt - der übrigens ursprünglich aus China nach Südeuropa und von dort aus durch spanische Missionare nach Mittelamerika transferiert wurde, wo diese Tradition mit einem Brauch der Mayas kombiniert wurde, die ihre Götter unter anderem mit dem Zerschlagen von Tontöpfen ehrten. Daraufhin muss Donald ebenfalls eine Piñata zerschlagen - darin befinden sich weitere Geschenke, darunter ein Buch über Mexiko sowie ein fliegender Teppich mit indianischem Muster. Auf diesem Teppich erleben die drei Caballeros die Sehenswürdigkeiten Mexikos - Strände, Folklore, Nachtleben -, wobei hier Donalds Interesse für die schönen Frauen des Landes besonders auffällig ist, zumal Sexualität mit Disney-Figuren eigentlich unvereinbar scheint (obwohl sexuelle Anspielungen in Zeichentrickfilmen zum damaligen Zeitpunkt schon längst nichts Neues mehr waren). Nachdem er sich in Veracruz von der Tänzerin und Schauspielerin Carmen Molina den Lilongo beibringen lässt, wobei seine Freunde ihn nur mit Mühe wieder auf den Teppich zerren können, um weiterzuziehen, jagt er am Strand von Acapulco einer Gruppe junger Bikinischönheiten hinterher, wobei jene Szene, in der er José Carioca mit einer von ihnen verwechselt und ihn abküsst, woraufhin ihn dieser entschieden zurückweist, beinahe schon homophob anmutet. Anschließend betrachten die drei Freunde im Buch ein Bild vom mexikanischen Sternenhimmel, woraufhin die mexikanische Sängerin Dora Luz erscheint und anfängt, You Belong To My Heart zu singen. Die exotische Schönheit versetzt Donald in einen sexuellen Rausch, der in einem psychedelischen Reigen aus Farben und Formen, küssenden Lippenpaaren, phallisch wirkenden Kakteenwäldern und Blütenregen gipfelt.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass sowohl Saludos Amigos als auch The Three Caballeros vor allem eines deutlich machen, nämlich, dass der Begriff des "Kulturbotschafters" für Disney nicht wirklich zutrifft - die Filme verkaufen Klischees und Stereotypen und tragen weder zum Verständnis noch zum Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen bei. Ein authentisches Bild Südamerikas wird hier ebenso wenig vermittelt, wie es gelingt, ein positives Bild der USA in Südamerika zu etablieren: Der Pinguin Pablo wirkt wie ein Kolonialist, der kleine Gauchito wie ein Sklavenhändler und Donald Duck wie ein Sextourist. Kritisch hinterfragt wurde dies zur damaligen Zeit nicht, ganz im Gegensatz zu den sexuellen Anspielungen vor allem in The Three Caballeros, die wohl vor allem Leute in die Kinos locken sollten, indem man die Anwesenheit realer exotischer Schönheiten im Film betonte. Die lateinamerikanischen Themen schwanden nach 1945 aus den Disney-Filmen - der nächste geplante Film, Don Quixote, wurde nie realisiert, zeigt aber, wie wenig Eigenständigkeit den südamerikanischen Kulturen zur damaligen Zeit zugestanden wurde und mit wie wenig Sensibilität die Tatsache behandelt wurde, dass hinter dem Umstand, dass der Großteil des südamerikanischen Volkes heute Spanisch spricht, eine überaus grausame Geschichte aus Gewalt und Ausbeutung steckt.

Neben den beiden Spielfilmen drehte Disney auch noch etliche Dokumentations- und Erziehungsfilme, wofür etliche Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate sogar extra mit Abspielgeräten versorgt wurden, um sie zeigen zu können. Zur Beliebtheit der USA trugen sie allerdings noch weniger bei als die Kinoproduktionen, zeugten sie doch hauptsächlich von Ignoranz und fehlendem Einfühlungsvermögen, teilweise sogar von Übergriffigkeit. So sorgten jene Filme, die zur Alphabetisierung beitragen sollten und ganz nebenbei noch ein wenig Ernährungslehre beinhalteten, durch ihre fehlerhafte Aufbereitung verbunden mit den unpassenden Inhalten für Spott und Protest bei der Zielgruppe. Vor allem die von Disney produzierten Gesundheitsfilme offenbaren die Respektlosigkeit der USA gegenüber der lateinamerikanischen Bevölkerung durch den Versuch, auch noch in deren intimste Lebensbereiche einzudringen. Die Protagonisten werden durchgehend als dumm und faul dargestellt, wodurch ihnen ganz selbstverständlich die Schuld an Armut, Krankheiten und mangelnder Hygiene zugeschoben wird - ausgeblendet wird hingegen die Verantwortung seitens der Wirtschaftsmächte, die durch die Gründung großer Firmen auf südamerikanischem Boden die Landflucht begünstigten und so auch die Ansiedlung vieler Menschen auf engem Raum ohne die erforderliche Infrastruktur. Bemerkenswert ist auch ein Kurzfilm namens The winged scourge, der Tipps zur Bekämpfung der Malaria übertragenden Anopheles-Mücke gibt - unter anderem durch den ausufernden Einsatz von Kupferarsenitacetat, das wegen seines hohen Anteils an Arsen heute zu Recht verboten ist.

Abschließend muss ich sagen, dass ich es für nicht weiter verwunderlich halte, dass meine Kenntnisse im Bereich der Disney-Filme mit Südamerika-Bezug bisher äußerst rudimentär waren - Saludos Amigos und The Three Caballeros sind nach heutigem Standard größtenteils eher wenig unterhaltsam. Den meisten anderen Disney-Meisterwerken können sie jedenfalls mit Sicherheit nicht das Wasser reichen - aber ich finde es im historischen Kontext nicht falsch, sie mal gesehen zu haben. Auch wenn das vorgebliche Wohlwollen seitens der USA gegenüber ihrer Nachbarn aus dem Süden eher den Eindruck hinterließ, dass sie diese eher in Abhängigkeit halten wollten. Ganz allgemein sind wir es jedoch schon so gewöhnt, von klein auf mit der Propaganda des US-Imperialismus gefüttert zu werden, dass es den meisten von uns im Großen und Ganzen gar nicht mehr auffällt, selbst wenn es in manchen Filmen offensichtlich ist. Aber gerade deshalb halte ich es für wichtig, sich einmal damit auseinanderzusetzen - auch wenn uns das nicht davon abhalten sollte, diese Filme trotzdem zu genießen. Denn im Großen und Ganzen sind sie ja doch Teil unserer Kindheit - und trotz allem gehöre ich zu jenen, die sie nicht mehr missen wollen. Bon voyage!

vousvoyez

http://othes.univie.ac.at/12188/1/2010-11-12_0108515.pdf

https://www.film-rezensionen.de/2017/01/saludos-amigos/

https://www.film-rezensionen.de/2017/01/drei-caballeros/

Einige Beispiele der Gesundheitsfilme:

https://www.youtube.com/watch?v=XoE3gyVd_ds

https://www.youtube.com/watch?v=_LNCpA92Wz8

https://www.youtube.com/watch?v=ICnSpLsiDzI