Dienstag, 27. September 2022

Könnte es sein, dass der Wendler seine eigene Musik gehört hat und deswegen durchgedreht ist?

Photo by Daniel Tuttle on Unsplash

Ach ja, der liebe Michael Wendler - die Witzfigur der deutschen Nation, der Troubadix unter den schlechten Sängern, der Bock unter den Zahlschafen, der Mann, der jene Person beim Verfassungsschutz, die sich all seine musikalischen Ergüsse anhören musste, wahrscheinlich schon an den Rand des Suizid gebracht hat. Aber wir denken nicht an den armen Mitarbeiter, nein - wir diskutieren nur über seine verschwörungsgläubigen Ergüsse! Gleichzeitig frage ich mich, was eigentlich aus dem armen Hund geworden ist, den er und seine Laura sich angeschafft haben, damit die Leute wieder lieb zu ihnen sind. Scheint aber nur so mittelmäßig geklappt zu haben.

Aber klar - süße Tiere sind natürlich immer die besten Argumente, und am besten ziehen nach wie vor junge Hunde und Katzen. Besonders, wenn der Kommentar zu dem Instagram-Foto dann auch noch aus Sicht des Tieres geschrieben wird: "Hallo, hier ist wieder mal euer Flocki. War mit Mama Gassi und habe ein riesiges Häufchen gemacht. Jetzt gibt es Leckerli. Wuff wuff!" AAAAARRRRGGGGHHHH, wie mich sowas aggressiv macht! Ebenso, wie wenn man lebendige Tiere wie Plüschtiere behandelt. Man vermittelt damit ein völlig falsches Bild - nämlich, dass so ein Haustier nichts anderes ist als ein Spielzeug und dass seine Haltung super easy ist. Das Endresultat sind dann überfüllte Tierheime, weil der bzw. die Insta-User:in draufgekommen ist, dass so ein Tier auch hohe Tierarztkosten, Erziehung und Verantwortung bedeutet. Warum in aller Welt ist es so leicht für jeden Tölpel, sich ein Tier nach Hause zu holen? Klar, dasselbe könnte ich auch bezüglich Kinderkriegen fragen. Und ein ganz heikler Punkt bei dem Thema sind Qualzuchten.

Um es mal vorwegzunehmen: Ich verurteile hier niemanden, der einen Mops oder eine Munchkin-Katze zu Hause hat. Es kann sehr viele Gründe haben, warum man sich für so ein Tier entschieden hat - vielleicht hat man es aus dem Tierheim geholt, vielleicht aber auch von einem Freund oder Familienmitglied "geerbt". Vielleicht wusste man es zur Zeit der Anschaffung auch einfach nicht besser und will dem Tier jetzt, wo man es weiß, trotzdem ein halbwegs würdiges Leben ermöglichen. Aber gerade deswegen ist es auch so wichtig, über dieses Thema aufzuklären. Qualzuchten gibt es natürlich in jeder erdenklichen Haustierrasse - da ich aber jetzt keinen Roman schreiben kann und will, beschränke ich mich hier auf die gängigsten, also Hunde und Katzen.

Nun bin ich auch nicht aus Stein - es gibt Tierrassen, die als Qualzucht bewertet werden, die ich im ersten Moment aber auch irgendwie süß finde. Dann gibt es wiederum welche, von denen ich überhaupt nicht verstehen kann, wie man die zu Hause haben wollen kann. Aber Ästhetik ist eben nicht alles - und ich finde, Mischlinge können genauso schön, lustig oder süß sein wie Rassetiere. Dafür erspart man sich meistens die Probleme, die durch Überzüchtung entstehen. Und bei Leuten, die ganz offensichtlich auf das Wohlbefinden des Tieres scheißen, hört sich bei mir auch das Verständnis auf - wie schon in einem früheren Artikel geschrieben, ist nicht jeder automatisch ein Tierfreund, nur weil er ein Tier zu Hause hat.

Ich habe ja schon darüber geschrieben, dass manche sich ein Tier anschaffen, weil sie es im Fernsehen oder Kino gesehen haben - seien es Serien, Filme oder Werbespots. Heutzutage tun aber Influencer natürlich ihr übriges, um bestimmte Haustierrassen populär zu machen. Sehr beliebt sind aktuell beispielsweise die Pomeranians oder Zwergspitze, die ich prinzipiell ja auch süß und lustig finde. Das bedeutet allerdings nicht, dass es deshalb richtig ist, solche Hunde zu züchten. Das Problem ist nämlich, dass häufig Merkmale gefördert werden, die ursprünglich als Defizite galten. Ein Beispiel dafür sind etwa die Nacktkatzen, die angeblich schon von den Azteken gehalten wurden - was allerdings ein Mythos ist. Tatsächlich lassen sich belegte Fälle haarloser Katzen lediglich bis ins 19. Jahrhundert nachverfolgen, die gezielte Zucht begann erst in den 1960er Jahren. In Wirklichkeit handelt es sich beim Erbmaterial für Haarlosigkeit bei Katzen um ein rezessives Gen, also eines, das eigentlich nur selten in Erscheinung tritt, außer man fördert es eben durch die gezielte Zucht. Warum Nacktkatzen außerhalb der Züchtung eher selten vorkommen, liegt auf der Hand - abgesehen davon, dass diese Tiere natürlich weitaus sonnenempfindlicher sind, fehlen ihnen häufig auch die für eine Katze notwendigen Schnurr- und Tasthaare, die für ihren Orientierungs- und Gleichgewichtssinn verantwortlich sind, oder sie brechen leicht ab. Ungeachtet dessen, dass ich nicht nachvollziehen kann, wie man so ein haarloses Tier in seinem Bett haben wollen kann, verstehe ich auch nicht, wie man einem Haustier, das man angeblich liebt, so etwas bewusst antun kann.

Was aktuell bei Hunden sehr beliebt ist, ist die bewusste Verzwergung bzw. das Züchten von Toy-Hunden. Der Grund liegt auf der Hand - diese Hunde entsprechen dem Kindchenschema, welches eine evolutionäre Schutzfunktion darstellt, die uns dazu bringt, sie süß zu finden und liebhaben zu wollen, wie eben bei kleinen Kindern. Zusätzlich erinnern kleine Hunde mit üppigem Haarkleid, wie es beispielsweise der schon erwähnte Pomeranian hat, auffällig an Plüschtiere. Dabei kann schon mal vergessen werden, dass diese süßen Kerlchen vom Wolf abstammen - und dass die kleineren Mägen vor allem im Welpenalter oft zu Mangelernährung, Unterzuckerung oder Allergien führen können. Ebenso beliebt sind Hunde, die vor allem durch ihre Kurzköpfigkeit auffallen - etwa der Mops oder die französische und englische Bulldogge; aber auch Boxer, Pekinesen, Malteser oder der Cavalier King Charles Spaniel zählen zu den Kurzkopf-Hunden. Das Problem bei diesen Tieren ist, dass durch die Deformation des Schädels der Rachenraum verkürzt und häufig auch der Kehlkopf verändert wird - abgesehen davon, dass bei der Selbstregulierung der Körpertemperatur oft Probleme auftreten. So ist das für Mopse und Bulldoggen so charakteristische "Schnarchen" keineswegs eine süße Eigenheit, sondern ein Indiz für Atemprobleme. Besonders an heißen Sommertagen leiden diese Tiere; unglücklicherweise wissen das viele Halter nicht, oder es ist ihnen auch egal, jedenfalls werden die Hunde dann häufig trotzdem durch die Gegend geschleift. Und manchmal postet man auch lustige Fotos und Videos auf Instagram, wo sich über die angezüchteten Defizite lustig gemacht wird. Extreme Kurzköpfigkeit kann aber auch bei Katzen vorkommen - speziell bei Perserkatzen und Exotic Shorthair. Und klar, diese flachgesichtigen Katzen sehen auch irgendwie lustig aus - ich kann allerdings mit voller Überzeugung sagen, dass mir Katzen mit normalen Gesichtern weitaus besser gefallen. Zudem weisen Katzen mit extremer Kurzköpfigkeit häufig zu Zahnfehlstellungen, die Verengung bis Verschließung der Tränennasenkanäle führt oft zu permanentem Augenausfluss.

Der Gipfel der Verzwergung sind aber die sogenannten Teacup-Hunde, die ebenfalls auf Social Media ihren Siegeszug gestartet haben - lebendige, ausgewachsene Hunde, die so klein sind, dass sie in Teetassen sitzen können, was ihre Halter oft mit der Tat beweisen. Da sie nicht einmal einen Kilo wiegen, gelten sie hierzulande als illegale Züchtung - trotzdem werden sie auf Instagram gepusht, und bekanntlich gibt es ja auch Länder, die einen Scheiß darauf geben, was legal ist und was nicht. Diese Hunde erhält man dadurch, dass man die Kleinsten und Schwächsten eines Wurfs über Generationen hinweg immer wieder miteinander paart. Das bedeutet natürlich, dass diese Hunde ganz allgemein eher schlechte Gene haben - mit anderen Worten, die Zucht von Teacup-Hunden ist aktive Tierquälerei.

Auch bei Katzen ist Kleinzüchtung durchaus üblich- allerdings sieht diese eher disproportional aus, etwa durch besonders kurze Beine, und glücklicherweise ist sie auch eher selten; vor allem deshalb, weil die Nachkommen zweier kurzbeiniger Katzen meist nicht lebensfähig sind und häufig schon im Mutterleib sterben. Katzen mit dackelartig verkürzten Beinen sind etwa die Munchkin-, Minskin- oder Minuet-Katze - diese haben Schwierigkeiten, ihr natürliches Verhalten wie Laufen und Springen auszuleben, zudem verursacht die Fehlstellung der Knochen und Gelenke häufig Schmerzen, etwa durch Arthrose oder Bandscheibenvorfälle. Übrigens gehört die Minskin-Katze auch noch zu den Nacktkatzen.

Es gibt jedoch auch Qualzuchten, die nicht offensichtlich sind - dazu gehören zum Beispiel Hunde mit Merle-Färbung. Diese ist vor allem bei größeren Rassen sehr beliebt, etwa dem Australian Shepherd, dem Shetland Sheepdog oder auch dem Collie - aktuell sieht man sehr viele Hunde auf der Straße, deren Fellfarbe von diesen unregelmäßigen hellen Flecken durchzogen ist. Generell macht so eine Merle-Färbung einem Hund nichts aus - allerdings wird nicht ohne Grund empfohlen, keine Hunde mit Merle-Faktor miteinander zu paaren. Da dieser aber aktuell sehr beliebt ist, geschieht das natürlich trotzdem, was bei den Welpen häufig zu Blindheit und/oder Taubheit sowie organischen Schäden und Missbildungen führt.

Eine weiteres Merkmal einer Qualzucht ist auch die geförderte Skelettdysplasie - also die Züchtung von Katzen mit Knickohren wie der Scottish oder Highland Fold. Die für diese Rassen charakteristischen nach vorne abfallenden Ohren sind häufig nicht die einzigen Anomalien - die permanenten Schmerzen hindern die Tiere daran, ihr natürliches Verhalten ausüben zu können, die Knorpel- und Knochenveränderungen hindern die Katzen an normalen Bewegungen können. Da die Ohren bei Katzen ein wichtiges Instrument der Kommunikation sind, wird auch diese durch die Faltohren erschwert. Die Schmerzen führen häufig auch zu einem aggressiven Verhalten, wenn man versucht, die Katze zu berühren. Wie man sich ein solches Tier auch noch wünschen kann, ist mir schleierhaft.

Ich denke, das Problem ist, dass sowohl Filme und Serien als auch Musikvideos und Influencer häufig ein falsches Bild der Tierhaltung vermitteln. Die Tiere werden oft wie Spielzeug oder Accessoires behandelt, so dass die Verantwortung, die mit Haustieren einhergeht, oftmals unterschätzt wird. Ähnlich, wie andere häufig vermitteln, dass es ganz easy peasy sei, Kinder zu haben. Daher mein Appell an alle: Wenn ihr euch ein Haustier zulegen wollt, bitte informiert euch vorher genau und überlegt euch gut, ob ihr dieser Verantwortung auch gewachsen seid, vor allem aber achtet darauf, woher ihr dieses Tier nehmt. Selbstverständlich sind nicht alle Züchter verantwortungslos und profitgeil; ich finde beispielsweise den Ansatz, wieder Mopse mit längeren Schnauzen zu züchten, ziemlich gut, zumal mir diese Rückzüchtungen sowieso besser gefallen, die Qualen, die mit der Kurzköpfigkeit einhergehen, wegfallen und die Tiere weitaus mehr nach Hund aussehen. Am besten wäre es jedoch, einen Hund aus dem Tierheim zu holen und dabei gar nicht erst auf die Rasse zu achten. Wie gesagt, können Mischlinge genauso süß und liebenswert sein wie reinrassige Tiere, vielleicht sogar noch mehr. Ganz abgesehen davon, dass es auf dieser Welt so viele herrenlose Tiere gibt, die auf den Straßen ein trostloses Leben fristen, und dass man ein gutes Werk tut, dazu beizutragen, dass mehr von ihnen ein gutes Zuhause finden.

Damit möchte ich mich für heute wieder verabschieden und hoffe, dass ihr nett zu euren Tieren seid, keinen gelben Schnee esst und nicht in die Dusche pinkelt. Bon voyage!

vousvoyez

Strg.-F.: https://www.youtube.com/watch?v=ucmnnk50VU4

Jonas: https://www.youtube.com/watch?v=CePz2UxctJ8