Top-Eierer Numero 30: "Querdenker" in überfluteten Gebieten
Ich habe ja vor nicht allzu langer Zeit die Hoffnung geäußert, dass Leerdenker und Konsorten jetzt, wo das öffentliche Leben allmählich wieder stattfindet, endlich nicht mehr so viel Aufmerksamkeit generieren. Teilweise hat es ja tatsächlich so ausgesehen - mittlerweile ist ja bekanntlich nur noch der harte Kern übriggeblieben. Das Problem ist allerdings, dass der es in sich hat - die Befürchtung hatte ich ja ebenfalls, aber ich hatte nicht vermutet, dass es so schnell einen Anlass für sie geben wird, um Morgenluft zu wittern. Denn bekanntlich wurden Teile meines Nachbarlandes vor wenigen Tagen von einer verheerenden Hochwasserkatastrophe heimgesucht - und ich muss sagen, ich finde es wirklich bewundernswert, zu sehen, wie hoch die Hilfsbereitschaft innerhalb des Landes ist und wie gut organisiert die Einsatzkräfte hier anpacken. Entsprechend hat es mich am meisten schockiert, wie beschissen sich diejenigen, die angeblich für "unsere Freiheit" kämpfen, aktuell aufführen. Da verbreiten ein Michael Wendler und ein Attila Hildmann ihre Schwurbelgeschichten über eine vom Staat inszenierte Flutkatastrophe; da wird mit gefälschten Einsatzfahrzeugen durch die Katastrophengebiete gefahren und per Lautsprecher völlig grundlos herumgelogen, dass Polizei- und Rettungskräfte vorhätten, die Leute dort im Stich zu lassen; da werden via Social Media Einsatzkräfte verspottet, verhöhnt und sogar bedroht, ganz zu schweigen davon, dass diese Leute, die noch nie in ihrem Leben bei irgendwelchen Hilfseinsätzen dabei waren, erfahreneren Personen permanent erklären wollen, wie sie ihren Job zu machen hätten; die Polizei, die eigentlich damit beschäftigt ist, die verschiedenen Einsätze zu koordinieren, muss sich auch noch auf Social Media rechtfertigen und den Leuten versichern, dass sie keineswegs vorhätten, Betroffenen die benötigte Hilfe vorzuenthalten; da werden Zufahrtswege zu den Katastrophengebieten von sensationsgeilen Gaffern und selbsternannten "Rebellen" blockiert, da werden ehrenamtliche Hilfskräfte bedrängt, belästigt, beschimpft und sogar mit Müll beworfen; da werden Häuser in den überfluteten Gebieten besetzt, etwa eine zerstörte Grundschule, die als "Querdenker"-Leitstelle aufgebaut werden sollte, um von dort aus eigene Aktionen zu koordinieren und nebenbei noch Kindern und Jugendlichen die eigene Ideologie einzutrichtern (zum Glück konnten Polizei und Jugendamt diese Aktion stoppen); da lässt sich ein Bodo Schiffmann wieder mal Geld "schenken" mit der Behauptung, jeder einzelne Cent komme den Flutopfern zugute, nur um daran Bedingungen wie das Ende der Sanktionen für Impf- und Maskengegner und freie Hand für Rechtsradikale zu knüpfen. Liebe Top-Eierer Numero 30: Manchmal frage ich mich ernsthaft, was eigentlich in euren Köpfen vorgeht. Könnt ihr nicht einmal in eurem Leben einfach nur Gutes tun, ohne dabei nur an euch selbst zu denken und daran, auf Biegen und Brechen eure Agenda durchzudrücken?
Top-Eierer Numero 31: Leute, die sich permanent wie die Wildsäue aufführen
Dass Leute auf Social Media mitunter ihre gute Kinderstube zu vergessen scheinen, wissen wir ja bereits. Seit einiger Zeit habe ich jedoch auch den Eindruck, dass Menschen auch in der realen Welt nicht sehr viel von Manieren zu halten scheinen. Sie geben zwar weniger Hasskommentare von sich, aber wenn ich mir ansehe, was sonst so immer mehr Akzeptanz zu finden scheint, überlege ich häufig, ob es heutzutage denn wirklich so out ist, ein gewisses Maß an ordentlicher Kinderstube an den Tag zu legen. Klar - wenn man jung ist, fällt einem das noch nicht so auf. Da hält man sich meist noch für den Nabel der Welt und glaubt, alles besser zu wissen - wobei ich sagen muss, zumindest bei der jüngeren Generation scheint schlechtes Benehmen so allmählich aus der Mode zu kommen. Zumindest kommen mir die meisten, denen ich begegne, weitaus erträglicher vor als Ältere - auch wenn es natürlich auch andere gibt. Vielleicht liegt es ja daran, dass vor allem meine Generation und die davor bisweilen mit Stolz eine recht beachtliche Wohlstandsverwahrlosung zutage trägt - immerhin haben wir lange genug von den Auswüchsen der Spaßgesellschaft profitiert. Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass wir, wie schon häufiger angemerkt, unser Privatleben ständig öffentlich zur Schau stellen - und deswegen so tun, als wäre die gesamte Welt unser eigenes Wohnzimmer. Es könnte auch nur meine persönliche Empfindung sein, da ich Außenreize krankheitsbedingt intensiver wahrnehme als die meisten anderen Menschen. Auch da bringt die Maskenpflicht Vorteile - man sieht zumindest in den Öffis keine Nasenbohrer mehr, und keine Leute, die sich beim Gähnen nicht die Hand vor den Mund halten können. Ein Trend, der mich jedoch aktuell innerlich häufig auf die Palme bringt, ist der, dass anscheinend überall gegessen werden muss. Ich erlebe das vor allem häufig, wenn ich von der Arbeit nach Hause fahre - Leute, die auf dem Sitzplatz ihr Kebab auspacken oder sich gummiartige Pommes unter die Maske schieben. Leute, die geräuschvoll den letzten Rest ihres Softdrinks durch den Pappstrohhalm saugen und zufrieden schmatzend ihren Burger kauen. Kleinkinder, die zerkaute Chicken McNuggets auf ihr T-Shirt spucken und mit ihren soßebeschmierten Fingern alles in ihrer Umgebung antatschen. Busse, in denen es wie bei McDonald's riecht - oder wie in der Dönerbude. Sitzplätze, von denen man erst mal die zerknüllten Verpackungsreste der Mahlzeit des Vorgängers räumen muss, nur um dann festzustellen, dass sich die restliche Burgersauce und das nicht ausgetrunkene Fanta über die ohnehin schon versifften Polster verteilt haben. Und ich denke sehnsüchtig an meine Kindheit zurück, als man in Bussen und Straßenbahnen noch nicht mal ein Eis essen durfte! Und frage mich, ob ich spießig geworden bin, wenn ich mich dabei ertappe, wie ich meinen Kopf angewidert zur Seite drehe, weil der Typ an dem Tisch gegenüber nicht einmal imstande ist, ein Stück Kuchen zu verzehren, ohne mir dabei einen herrlichen Ausblick auf seine den süßen Teig zermahlenden Mundwerkzeuge zu geben. Na gut, dann bin ich eben spießig, denke ich trotzig, nachdem ich an einer engen Wegstelle andere Leute vorbeigelassen habe und wieder mal feststellen musste, dass diese sich nicht mal ein "Danke" abringen können. "Früher war alles besser", heult ein kleiner, trotziger Kobold in mir, während ein junger Mann in Jogginghosen und weißen Turnschuhen die Straßenbahn betritt, während er das auf laut gestellte Smartphone wie ein Butterbrot schräg vor seinen Mund hält und uns alle an seinem ungeheuer spannenden Gespräch teilhaben lässt. "Da hat man wenigstens nur EINEN Teil des Gesprächs mithören können!" Wenn solche Leute doch wenigstens einen besseren Musikgeschmack hätten, denke ich bei mir, während ich mich an der abendlichen Straßenbahnhaltestelle innerlich vor Schmerzen krümme, weil die beiden kaum Zwanzigjährigen neben mir meinen, sie müssten die ganze Umgebung mit ihrem in Autotune erstickenden Deutschrap voller Reimkatastrophen zwangsbeschallen. Liebe Top-Eierer Numero 31: Könntet ihr bitte, bitte auch einmal in Erwägung ziehen, dass ihr nicht allein auf der Welt seid?
Top-Eierer Numero 32: "... als ich in deinem Alter war ..."
Ich bin ja mittlerweile schon in einem Alter, in dem es niemanden mehr wundert, wenn ich mich nach meinem jüngeren, unbeschwerteren Ich zurücksehne. Dennoch kann ich nicht oft genug betonen, dass es auch Vorteile bringt, wenn man so langsam, aber sicher auf die Vierzig zugeht. Zum Beispiel gibt es weniger Menschen, die mir permanent vorhalten, was ich noch nicht kann, obwohl ich alt genug dafür wäre, und dass sie oder andere das in meinem Alter - oder sogar jünger! - schon viel besser gekonnt hätten bzw. können. Ich weiß nicht, woher die Überzeugung kommt, dass man ab einem gewissen Alter dieses und jenes automatisch zu können oder zu sein hat. Einerseits wird ständig darauf herumgeritten, dass jeder einzigartig sei, andererseits bekommt Mutti die Krise, wenn ihr hochbegabtes Indigo-Regenbogen-Wunderkind irgendwas noch nicht ganz so gut kann wie die meisten seiner Altersgenossen, und übersieht dabei möglicherweise Dinge, die es den anderen vielleicht schon voraus hat. Und das weiß ich, weil von mir mitunter Sachen erwartet wurden, die mir nie jemand erklärt hat - einfach nur, weil ich in einem Alter war, in dem man das nach allgemeiner Erwartung zu können hatte. Ich denke mir das auch in der aktuellen Bildungssituation: Menschen werden heutzutage älter als je zuvor - warum also müssen Kinder und Jugendliche auf Biegen und Brechen möglichst schnell durch die Schullaufbahn gehetzt werden, anstatt dass man ihnen möglicherweise noch ein Jahr mehr Zeit gibt, um das Versäumte aufzuholen? Denn ob ihr es glaubt oder nicht: Ich habe das Gymnasium zwar in Mindestzeit abgeschlossen, aber danach fragt einen kein Mensch mehr, nachdem man die Matura erfolgreich absolviert hat. Ich kenne so viele, die sogar zweimal sitzengeblieben sind und trotzdem in ihrem Beruf glänzen. Im Prinzip fängt es schon an, sobald der Sprössling auf der Welt ist: Eltern können sich stundenlang darin übertrumpfen, zu berichten, was ihr kleines Wunder schon kann, während sie andere abkanzeln, weil deren Nachkomme möglicherweise noch nicht ganz so weit ist. Im schlimmsten Fall erwarten sie von ihren Kindern dann Fähigkeiten, die sie in ihrem Alter noch gar nicht haben können, um mit den anderen stolzen Muttis auch ja mithalten zu können. Sobald man dann älter geworden ist, erklären einem dann Erwachsene, wie unzulänglich man doch ist: "Als ich in deinem Alter war, bin ich barfuß durch den Schnee in die Schule gegangen!" - "Der Max ist zwei Jahre jünger als du und kann schon ohne Stützräder Fahrrad fahren!" - "Die Veronika musste in deinem Alter nicht mehr dazu aufgefordert werden, ihre Schuhe wegzuräumen!" Andererseits kommt dann aber immer, wenn man jammert "Die anderen dürfen aber auch ...", der allseits bekannte Satz: "Du bist aber nicht die anderen!" Dieses Paradoxon begegnet einem, sobald man erwachsen ist, vornehmlich in der Berufswelt: Man hat gerade eine Ausbildung abgeschlossen und brennt auf einen Job - nur um dann zu erfahren, dass man mit seinen zweiundzwanzig Lenzen bereits drei Abschlüsse, zehn Jahre Berufserfahrung und fünf Auslandsaufenthalte absolviert haben sollte. Und währenddessen schreibt die Kronen Zeitung, dass die faule Jugend von heute nicht mehr arbeiten will. Liebe Top-Eierer Numero 32: Wart ihr in eurer Jugend wirklich schon perfekt, oder sind euch nur die Argumente ausgegangen?
Top-Eierer Numero 33: Klo-Rowdys
Letzte Woche habe ich mit einer Freundin ein Café besucht, dessen Toilette eine höchst interessante Waschgelegenheit hatte: Ein rundes schwarzes Becken, über dem mehrere Düsen, ähnlich einer Dusche, angebracht waren. Zwei ältere Damen, die zur gleichen Zeit wie ich ein dringendes Bedürfnis verspürt hatten, zeigten mir, welchen Knopf ich betätigen musste, damit Wasser in das Becken lief und ich mir die Hände waschen konnte. Als ich fertig war, fotografierten sie sich gegenseitig begeistert beim Händewaschen. Vor vielen Jahren, ich war etwa sechzehn oder siebzehn, erzählte mir eine andere Freundin in der Schlange vor einer Café-Toilette, dass sie jene Plexiglas-Klobrillen fürchte, in die Stacheldraht eingelassen war. Ich hatte einmal so eine in einem Landgasthaus gesehen und mich fürchterlich erschrocken; in einem In-Lokal in Graz gab es ebenfalls eine Plexiglas-Klobrille, in der jedoch kein Stacheldraht, sondern kleine Rosen eingelassen waren. Und als ich mit meinen Eltern kurz nach der Jahrtausendwende nach Bregenz fuhr und wir dort das Kunsthaus besichtigten, war meine Mutter ganz begeistert von den Sanitärräumen - dass diese ebenfalls ein spezielles Design haben, war damals neu. Ja, Toiletten - jene höchst privaten Räumlichkeiten, die in der Regel eher stiefmütterlich behandelt werden! Jeder braucht sie, aber keiner schenkt ihnen besonders viel Beachtung. Und mitunter ist auch Achtsamkeit ein Fremdwort für jene, die sie benutzen. Denn wer kennt es nicht: Man verspürt ein dringendes Bedürfnis, und da es sich besonders für eine Frau nicht schickt, sich unter freiem Himmel zu entleeren, sucht man die nächste öffentliche Toilette auf. Ich habe es übrigens als Kind als die größte Ungerechtigkeit empfunden, dass man sich als Mädchen beim Pinkeln immer halb ausziehen und unbequem hocken muss, während Jungs ganz bequem ihre Hose aufmachen und alles im Stehen erledigen können, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls kann ich eines verraten: Klo-Rowdys sind offenbar gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilt. Zumindest, soweit ich das beurteilen kann, da ich naturgemäß nur selten auf Herrentoiletten gehe. Dies bemerkt man vor allem auf öffentlichen Bedürfnisanstalten. Denn obwohl sie zumindest hier in Europa ebenso ein gängiges "Accessoire" ist wie Zahnpasta oder Serviette, scheinen viel zu viele Leute noch nie etwas von einer Klobürste gehört zu haben. Jedenfalls drängt sich mir dieser Gedanke häufig auf, wenn ich bemerke, wie manche Toilettenschüsseln aussehen. Klar - wenn ich erkenne, dass eine Kloschüssel so aussieht, und ich die Möglichkeit habe, die Kabine zu wechseln, dann mache ich das auch. Und da ist es mir auch egal, wenn Leute mich komisch ansehen - ich entferne meine Hinterlassenschaften sowohl auf der eigenen als auch auf fremden Toiletten, also kann ich das durchaus auch von anderen erwarten. Ich habe keinerlei Interesse an der Verdauung unbekannter Personen und will auch nicht, dass Fremde über meine Bescheid wissen. Und wenn wir schon dabei sind: Um sich den Hintern abzuputzen, braucht man keine dreißig Meter Klopapier, Binden und Tampons gehören in den Abfalleimer und nicht daneben, ebenso wie Spritzen in die dafür vorgesehenen Boxen gehören und nicht auf den Boden, da sich Menschen im blödesten Fall dran verletzen können. Liebe Top-Eierer Numero 33: Bitte versucht wenigstens, euch wie zivilisierte Menschen aufzuführen!
So meine Lieben, jetzt habe ich mich endlich wieder mal über die unangenehmsten Zeitgenossen ausgelassen - das tat richtig gut! Jetzt kann ich froh-vergnügt ins Wochenende starten, und ihr habt einen neuen Artikel, an dem ihr euch ergötzen könnt. Ich wünsche euch alles Gute und dass wir uns das nächste Mal wieder lesen! Bon voyage!
vousvoyez