Donnerstag, 29. Februar 2024

Ich bin doch nicht bescheuert und laufe blind der Meinung der Medien hinterher - ich bin schlau, ich schau mir die Meinung der Medien an und laufe dann blind in die andere Richtung

© vousvoyez
Aber ich habe ja schon öfter über das Dilemma der Medienkompetenz gesprochen. Ein Medium, das uns unser Leben lang begleitet, ob wir wollen oder nicht, ist bekanntlich die Frauenzeitschrift - ob beim Friseur, im Zahnarzt-Wartezimmer, im Urlaub, in der Trafik oder im Supermarkt, wir finden sie überall. Und zwar weitaus häufiger als das gegengeschlechtliche Pendant, die Männerzeitschrift. Und ich frage mich gerade, ob es auch Zeitschriften für Leute gibt, die sich nicht einem dieser beiden Geschlechter zuordnen - wenn nicht, dann frage ich mich, warum sich noch keiner darüber aufgeregt hat! So geht's doch echt nicht!

In diesen geschlechtsspezifischen Zeitschriften steht eigentlich immer das gleiche - wobei ich mich naturgemäß eher mit Frauenzeitschriften auskenne, auch wenn ich schon ab und zu in der einen oder anderen Männerzeitschrift geblättert habe. Und das, obwohl ich noch nie auf die Idee gekommen bin, eine Frauenzeitschrift zu kaufen - aber natürlich bekommt man so einiges mit, wenn man die letzten Jahrzehnte nicht isoliert in einem Bergwerk gelebt hat. Daher weiß ich natürlich, was da drin steht: Artikel, die dir nahelegen, dass du dich so akzeptieren sollst, wie du bist, hinterher die besten Diät-Tipps und am Ende leckere Tortenrezepte. Wobei gefühlt jede Woche eine neue Diät beworben wird, die jetzt ganz sicher hilft, denn alle Stars schwören darauf! Denn wer reich und berühmt ist, muss sich natürlich ausgiebig damit beschäftigen, möglichst nicht zu essen. Immerhin muss man ja in das elegante Kleid passen, mit dem man über den roten Teppich schwebt, nicht wahr? Und weil ich hier nicht nur Trauer und Angst säen will, dachte ich mir, wir schauen uns mal gemeinsam ein paar verrückte Diäten an.

Schon seit der Antike beschäftigen sich Leute mit der richtigen Ernährungsweise - auch wenn das Wissen um den Zusammenhang von Gesundheit und Ernährung erst im 19. Jahrhundert allmählich an gesellschaftlicher Bedeutung gewann. Doch schon Hippocrates, der Vater der evidenzbasierten Medizin, erkannte die Gesundheitsschädigung durch Übergewicht, hatte allerdings sehr eigenwillige Methoden, um dies bei seinen Patienten zu bekämpfen: So empfahl er vor der ersten Mahlzeit des Tages einen langen Marsch und hinterher das Erbrechen. Naja, wenigstens hat er den Nutzen der Bewegung damals schon erkannt.

Frühe Diät-Ratgeber wie etwa Castel of Helth von Sir Thomas Elyot orientierten sich noch sehr an der antiken griechischen Vier-Säfte-Lehre, welche bis ins 18. Jahrhundert hinein allgemein anerkannt war, heute jedoch längst als wissenschaftlich überholt gilt. In der Frühen Neuzeit beschäftigte sich der italienische Humanist und Agronom Luigi Conaro in seinem Diätbuch La Vita Sobra mit der Reduktion der Nahrungsaufnahme zur Verbesserung der Gesundheit - so nahm er seit seinem 35. Lebensjahr nur noch 342 Gramm Nahrung pro Tag zu sich und trank dazu 400 ml Wein. Berichten zufolge soll er 102 Jahre alt geworden sein - wissenschaftliche Erkenntnisse, dass wenig Nahrung zu höherer Lebensdauer führen kann, gelangen jedoch bislang nur in Mäuseversuchen. Ich persönlich finde die Vorstellung, ständig hungrig zu sein und sich nie etwas zu gönnen, ehrlich gesagt nicht sehr attraktiv - besonders, wenn man dann auch noch über hundert Jahre alt werden soll. Da klingt der Vorschlag des Arztes Thomas Short noch wesentlich attraktiver: Er behauptete in seiner Abhandlung The Causes and Effects of Corpulence, dass Menschen mit Übergewicht in der Nähe von Sümpfen lebten, weshalb er ihnen riet, vom Sumpf wegzuziehen. Das Problem ist halt, dass sich in meiner Nähe weit und breit kein Sumpf befindet - Mist! Dann muss ich es wohl doch mit heißem Sand probieren - damals glaubte man nämlich, dass man, wenn man sich damit besprüht, Fett ausschwitzt und so Gewicht verliert. Leider ist das einzige, was man bei dieser Methode verliert, Wasser - sprich, sobald man selbiges wieder zu sich nimmt, ist es aus mit der schlanken Zukunft.

Ein früher prominenter Diät-Anhänger war der britische Schriftsteller und Dichter Lord Byron, welcher sich sehr ausführlich damit beschäftigte, Gewicht zu verlieren - er ernährte sich fast ausschließlich von Sodawasser und Keksen plus große Mengen puren Essigs, was ihm allerdings Magenprobleme bescherte (mir zieht sich schon bei dem Gedanken daran innerlich alles zusammen). Sehr alt wurde er in der Tat nicht: Im Alter von 36 Jahren starb er an den Folgen eines medizinischen Aderlasses - es hat schon seine Gründe, warum jener heutzutage nicht mehr so inflationär angewendet wird wie damals. Auch heute wird Apfelessig übrigens noch als Hilfsmittel zum Abnehmen angepriesen - Beweise dafür, dass es wirklich so ist, gibt es aber keine. Trotzdem gebe ich vorsichtshalber immer ein wenig Essig in meinen Salat - ich Fuchs ich! Der Diätwahn bei Schriftstellern war übrigens wohl eine Zeitlang ein richtiger Trend: So waren etwa Franz Kafka und Henry James im frühen 20. Jahrhundert Anhänger der Lehren des amerikanischen Ernährungsreformers Horace Fletcher, welcher das gründliche Kauen von Nahrungsmitteln propagierte. Nun gehört gründliches Kauen ja bis heute zu den beliebten Methoden, die Nahrungsaufnahme zu entschleunigen und auf diese Weise automatisch zu reduzieren - allerdings empfahl Fletcher, Nahrungsrückstände, die sich nicht verflüssigen lassen, wieder auszuspucken, was einem dann doch ein wenig übertrieben erscheint.

Ein früher Verfechter von Mäßigung und Vegetarismus war übrigens der illustre Namensgeber des Grahamweckerls - der amerikanische presbyterianische Pfarrer Sylvester Graham. Er propagierte sowohl Mäßigung als auch sexuelle Enthaltsamkeit und predigte den Verzicht auf Fleisch, Zucker und Gewürze zur Einschränkung der Libido - seine Behauptung, dass Onanieren blind mache, hat sich ja bekanntlich sehr lange gehalten. Wem das zu mühsam war, der konnte auf Gummi-Unterwäsche zurückgreifen - diese hielt nicht nur lästige Fettpölsterchen zumindest optisch in Form, sondern war auch ordentlich schweißtreibend. Und bekanntlich glaubte man früher ja, dass dies die Fettpölsterchen zum Schmelzen bringe - auch wenn es nur zu Wasserverlust führt. Der größte Nachteil war neben dem sicher nicht angenehmen Körpergeruch allerdings auch, dass die verschwitzte Wäsche Hautirritationen und Infektionen hervorrief - kein Wunder!

Wem der Verzicht auf fettige und zuckerhaltige Lebensmittel generell eher schwer fällt, der ist natürlich empfänglicher für allerlei Wunderpillen und -tränke - diese waren bereits im 19. Jahrhundert erhältlich, enthielten damals jedoch häufig Spuren von Arsen oder Strychnin. Das heißt, sie konnten einen im blödesten Fall langfristig nicht nur von Kilos, sondern gleich vom Leben erleichtern. Da wirkt die Überzeugung des Arztes Dr. John Harvey Kellogg, dass möglichst langweilige Lebensmittel die Lust am Essen generell zügelten, schon beinahe sympathisch - dieser erfand Ende des 19. Jahrhunderts zusammen mit seinem Bruder Will Keith die Cornflakes als Alternative für das reichhaltige Frühstück, welches damals in den USA nach englischem Vorbild üblich war. Allerdings zerstritten sich die Brüder, als Will Keith es 1906 wagte, die berühmten Frühstücksflocken mit Zucker schmackhafter zu machen. Übrigens erfand Kellogg nicht nur die Cornflakes, sondern auch die Erdnussbutter sowie Ersatzprodukte für Fleisch und Kaffee. Eine eher eklige Idee, die mich übrigens 2014 zu meinem berühmten Acryl-Kunstwerk Die Bandwurmfamilie inspirierte, welches das Bild zu meinem Artikel darstellt, stammt aus der Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert): Damals verkaufte man in den USA Pillen, die Bandwürmer enthielten - die Vorstellung war, dass diese alle Kalorien aufzehren, bevor sie ihren Wirt dick machen können. Leider ist das nicht das einzige, was diese possierlichen Tierchen bewirken - der Verkauf der Pillen wurde verboten, nachdem diejenigen, die sie eingenommen hatten, Beschwerden wie Krampfanfälle, Hirnhautentzündungen oder Zysten im Gehirn zu beklagen hatten. Also doch nix mit dem neuen Mitesser! Einen besonders perfiden Ratschlag hatte in den 1920er Jahren übrigens die Zigarettenmarke Lucky Strike in petto - in einem Werbeslogan riet sie dazu, statt zu einem ungesunden Bonbon zu ihren würzigen Glimmstängeln zu greifen. Äääääähm ... ja, da fällt selbst mir nichts mehr ein.

In den 1920er Jahren erklärte der amerikanische Bodybuilder Bernarr Macfadden seine körperliche Fitness damit, dass er sich ausschließlich von Milch ernähre. Tatsächlich galt Milch bis vor nicht allzu langer Zeit noch als wahres Wunder-Nahrungsmittel, von dem man nie genug konsumieren könne - selbst die ungesündesten Produkte klangen in der Werbung supergesund, wenn man ihren Milchgehalt hervorhob. Inzwischen ist die Frage, ob man überhaupt das Recht habe, Tiermilch zu sich zu nehmen, allerdings zu einer hitzigen Grundsatzdiskussion verkommen - neben dem fragwürdigen gesundheitlichen Aspekt wird oft auch die Klimaschädlichkeit und Tierfeindlichkeit des Milchverzehrs diskutiert. Ein weiteres Diät-Wundermittel, das in den 1930ern erstmals propagiert wurde und sich in den 1950ern als "Hollywood-Diät" etablierte, war die Grapefruit - diese soll nach damaliger Überzeugung ein spezielles, Fett verbrennendes Enzym besitzen, weshalb man zu jeder Mahlzeit eine essen soll. Heute vermutet man, dass der hohe Wasseranteil dieser Zitrusfrucht als natürlicher Appetitzügler fungiert - ob das wirklich stimmt, kann ich allerdings nicht sagen.

Neben Arzneimitteln gibt es natürlich schon seit längerem allerlei andere "Tools", welche Gewichtsverlust versprechen, ohne sich besonders anstrengen zu müssen - so gab es in den 1930er Jahren eine Seife, die bei ihrer Anwendung Gewichtsverlust versprach. Noch heute findet man beim Googlen allerlei Seifen, die Fettverbrennung oder die Reduktion von Cellulite versprechen. Dass das jemals geholfen hat, wage ich allerdings stark zu bezweifeln. Manchmal gab es Angebote im Teleshopping, die mich sehr amüsiert haben - etwa die schlank machende Hautcreme, das Schlankheitsbad oder die Kräuterpillen für die Bikinifigur. In den 1950er Jahren kam außerdem das Vibationsband in Mode, welches neben verbessertem Stoffwechsel, mehr Energie und Muskelentspannung auch Gewichtsverlust versprach - leider eine Behauptung ohne Substanz. Ich erinnere mich auch noch an diesen Vibrationsgürtel, mit dem man einfach und bequem zum Waschbrettbauch kommen sollte. Naja, wenigstens die Videos sahen lustig aus.

Die Krautsuppendiät kam ebenfalls in den 1950ern auf, ist aber immer wieder mal im Trend - ich kann mich noch mit meiner Nase daran erinnern. Dabei ernährt man sich über mehrere Tage hinweg größtenteils von einer minestroneartigen Krautsuppe und darf dann nach und nach zusätzlich auch noch andere Lebensmittel essen. In meinem Umfeld schlossen sich vor allem Mütter, darunter auch meine, diesem Trend an, um ein paar Kilos zu verlieren - das Resultat sind jedoch Blähungen, Kreislaufprobleme und Lethargie, darüber hinaus gewöhnt sich der Körper mit der Zeit auch an diese Ernährung, was die Effektivität reduziert.

In den 1960er Jahren löste die makrobiotische Ernährungslehre nach Georges Oshawa vor allem in Hippie-Kreisen einen Hype aus - prominente Verfechter der Makrobiotik waren etwa John Lennon und Yoko Ono. Oshawa entwickelte diese Ernährungsphilosophie Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich vor allem an den taoistischen Konzepten des Yin und Yang orientierte und nach strengen Regeln funktioniert - und sehr viel Esoterik beinhaltet, zu der ich ja bekanntlich ein tief sitzendes Misstrauen hege. Und das nicht ohne Grund: Auch Oshawas Lehre beinhaltet gefährliche Schwurbelei, etwa die Behauptung, man könne alle Krankheiten durch die richtige Ernährung heilen - so propagierte der Ernährungswissenschaftler Michio Kushi in den 1980er Jahren die Vorbeugung und Heilung von AIDS durch makrobiotische Ernährungsweise, während Oshawa selbst die Existenz von Viren und Bakterien leugnete. Die Grundlage der makrobiotischen Ernährung bilden vor allem Vollkornprodukte und ungeschälter Reis, außerdem Hülsenfrüchte, Soja und Algen, gegessen wird hauptsächlich regional und saisonal; zu meiden sind vor allem Zucker, Milchprodukte, Alkohol, Koffein, Fleisch und verarbeitete Lebensmittel, außerdem bestimmte Obst- und Gemüsesorten. Natürlich hat die makrobiotische Ernährungsweise gewisse Vorteile - etwa den Verzicht auf Alkohol und Zucker sowie die Entwicklung eines gesunden Körpergefühls -, allerdings kann die doch sehr willkürliche Auswahl erlaubter Lebensmittel zu Mangelerscheinungen führen, weshalb diese Diät vor allem für Kinder ungeeignet ist. Außerdem ist die Annahme, man könne mit dieser Ernährung alle Krankheiten heilen, nicht nur falsch, sondern auch gefährlich - und für mich Grund genug, die Finger von einer solchen Philosophie zu lassen.

Um 1970 wurde eine Abnehm-Methode populär, die unter anderem auch Elvis Presley praktiziert haben soll: die "Dornröschen-Diät". Für Faultiere wie mich klingt das erst mal perfekt: Wer viel schläft, hat wenig Zeit zum Fressen, also schlaf dich schlank! Dem damaligen Trend folgend, wurde dafür auch mit einem haarsträubenden Cocktail aus stark abhängig machenden Schlaftabletten und Beruhigungsmitteln nachgeholfen. Und obwohl auch der rein quantitative Erfolg bis heute nicht nachgewiesen werden kann, taucht dieser Trend tatsächlich bis heute immer wieder auf. Nun ist es ja keineswegs falsch, dass ausreichend Schlaf durchaus zu einem gesunden Lebensstil dazugehört - Anhänger der Dornröschen-Diät versetzen sich jedoch in einen bis zu 20 Stunden dauernden Medikamentenschlaf. Zudem ist die daraus resultierende soziale Isolation ein Indikator für psychische Erkrankungen wie Depressionen, welche wiederum zu Essstörungen führen können. Kein Wunder also, dass die Dornröschen-Diät vor allem in diversen Pro-Ana-Kreisen sehr beliebt ist.

1977 gründete Sim Daniel Abraham die Marke Slim-Fast, welche vor allem Shakes in Pulverform zum Anrühren, mittlerweile aber auch Riegel herstellt, welche ganze Mahlzeiten ersetzen sollen. Dies kommt wohl vor allem den coolen Influencern und vor allem Innen zugute, welche laut ihrer Tutorials ohnehin keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen: Trotz der Warnung vor dem drohenden Jo-Jo-Effekt ist diese nicht sehr preiswerte Methode also heute noch hoch im Kurs. In den 1980er Jahren machte jedoch ein New-York-Times-Bestseller die sogenannte "Beverly-Hills-Diät" bekannt: The Beverly Hills Diet der amerikanischen Autorin Judy Mazel. Diese propagierte ein Sechs-Wochen-Programm, in dem nur bestimmte Lebensmittel in bestimmten Kombinationen gegessen werden dürfen. Schon damals wurde sie jedoch stark kritisiert, da sie komplett nachgewiesenen medizinischen Erkenntnissen widerspräche und darüber hinaus zu Mangelerscheinungen sowie immensem Wasserverlust führen könnte. Ebenfalls in den 1980ern kam die "Steinzeitdiät" auf, die vor kurzem unter dem Namen "Paleo-Diät" wieder auftauchte - diese propagiert die Ernährungsweise unserer evolutionären Vorfahren und empfiehlt, nur Lebensmittel zu essen, welche schon zu Höhlenmenschen-Zeiten verfügbar waren, also Obst, Gemüse, Nüsse, Fleisch und Wurzeln. Ganz abgesehen davon, dass diese Ernährung sowohl zeitaufwändig als auch unausgewogen ist, ist auch unsere Lebensweise heute eine ganz andere als im Paläolithikum, und darüber hinaus kann man die damaligen Erzeugnisse der Natur nicht mit unseren bis heute kultivierten Rohstoffen vergleichen.

In den 1990er Jahren trendete die Angst vor dem bösen Fett, nachdem die Verbindung zwischen Cholesterin und Herzkrankheiten nachgewiesen worden war. Vor allem die Snack-Industrie sprang auf den Hype auf und warb mit Low-Fat- bzw. Light-Versionen beliebter Produkte - da der Geschmack aber bei diesen Snacks vor allem im Fett liegt, musste der fehlende Geschmack durch Zusatz von Zucker, Salz oder Maissirup ausgeglichen werden, was bekanntlich zu ganz anderen Problemen führt. Um 2000 herum war dann die Rohkost-Diät im Trend, die vor allem kochfaulen Sex-and-the-City-Tussis zugute kam, da sie auf der Annahme basiert, dass ungekochtes Essen für den Körper am Gesündesten sei. Allerdings neigten dabei natürlich viele Rohköstler zur Übertreibung - so kann der Verzehr von rohem Fleisch durch Keime potenziell gefährlich werden. Auch Saftkuren sind immer wieder mal beliebt, beispielsweise unter Trendwörtern wie "Cleansing": Dabei werden über mehrere Tagen alle Mahlzeiten durch Säfte ersetzt, die angeblich nicht nur Vitaminbomben sind, sondern auch den Darm reinigen und den Körper von Schadstoffen befreien sollen. Häufig sollen dafür natürlich spezielle, überteuerte Säfte gekauft werden - man muss ja die Industrie ankurbeln! Nun wissen wir ja mittlerweile, dass es so etwas wie "Schlacken", also ungewollte Schadstoffe, die man aktiv aus dem Körper herausbekommen muss, nicht gibt - alles, was man für eine Entgiftung braucht, sind gesunde Organe wie Leber und Nieren. Natürlich führt eine Saftkur auch zu vorübergehendem Gewichtsverlust - allerdings verliert man dabei natürlich hauptsächlich Wasser. Wer also rein aus Prinzip ein paar Safttage einlegen will, kann das ruhig machen - allerdings solltet ihr euch davon keine Wunder versprechen.

Eine ziemlich skurrile Art, trotz Nährstoffmangel ein Sättigungsgefühl vorzutäuschen, wurde in den 2010er Jahren vor allem in Online-Chats propagiert: das Schlucken von Wattebäuschen, die zuvor in Wasser oder kalorienarmen Fruchtsaft getaucht wurden. Da die Watte unverdaulich ist, liefert sie keine zusätzlichen Kalorien, dafür dämpfen sie das Hungergefühl. Allerdings enthalten nur die teuersten Marken reine Baumwolle - billigere Produkte bestehen aus chemisch gebleichtem Polyester mit vielen Chemikalien und einem Haufen Mikroplastik. Doch nicht nur das - der Verzehr von Watte kann zu einer Verstopfung des Magen-Darm-Trakt führen, was mitunter lebensbedrohlich sein kann. Sehr beliebt ist der Verzehr von Watte vor allem bei Personen, die aus beruflichen Gründen schlank bleiben müssen, beispielsweise Models - aber auch bei Menschen, deren Selbstwertgefühl von einem möglichst niedrigen Gewicht abhängt.

Ein weiteres, rein esoterisches Konzept, um die Nahrungsaufnahme zu reduzieren oder gar ganz einzustellen, ist der sogenannte "Breatharianism", welcher suggeriert, dass der Mensch notwendige Nährstoffe ausschließlich aus Licht beziehen könne. Da der Verzicht auf feste und flüssige Nahrung über einen längeren Zeitraum hinweg jedoch bekanntlich kein gutes Ende nimmt, gibt es unter Gläubigen bereits mehrere Todesopfer. Zudem ist nicht ganz klar, was Anhänger des "Lichtfastens" überhaupt meinen, wenn sie von "Lichtnahrung" sprechen. Als Argument wird häufig auch die pflanzliche Photosynthese angeführt - ohne zu bedenken, dass Menschen nun mal keine Pflanzen sind und mangels Chlorophyll daher auch gar nicht zu Photosynthese fähig sind. Zudem ist die Behauptung derer, die erzählen, sie hätten sich seit soundsovielen Jahren nur von Licht ernährt, entweder unbelegt oder sogar widerlegt - die Leute, die diese Anweisung wörtlich nahmen und das "Lichtfasten" durchzogen, haben nicht überlebt - bekannte Fälle sind etwa der 31jährige Münchner Timo Degen, der 1997 nach zwölf Hungertagen ins Koma fiel und sich dabei tödliche Kopfverletzungen zuzog sowie der 22jährige Hamburger Finn Bogumil, welcher den pseudowissenschaftlichen Dokumentarfilm Am Anfang war das Licht gesehen hatte und Ende 2017 auf der karibischen Insel Dominica verhungerte. Und wenn das wirklich funktionieren würde, warum gibt es auf dieser Welt überhaupt Hungerkatastrophen?

Es ist nun schon gut hundert Jahre her, dass die  meisten Frauen aufgehört haben, ihre Oberkörper in möglichst enge Korsetts zu schnüren, um die lange Zeit beliebte "Sanduhrfigur" zu pflegen - ganz aufgehört hat diese Methode, eine möglichst schmale Taille zu erhalten, jedoch nie: So wurde auf Instagram vor einigen Jahren der sogenannte "Waist Trainer" populär, der im Prinzip nichts anderes ist als ein modernes Korsett und der vor allem von den Kardashian-Schwestern, die ja schon seit längerem als figürliches Vorbild gelten, angepriesen wurde. Auch er schürte die Hoffnung, eine möglichst schmale Taille zu zaubern - kann aber, genauso wie frühere Korsetts, zu einer Schädigung der Organe führen. Zudem darf man auch nicht vergessen, dass die Kardashians ihre berühmten Figuren sowohl durch hartes Training als auch durch operative Nachhilfe geformt haben.

Ein sehr bedenklicher Trend geht momentan jedoch in Richtung "Abnehmspritze" - klingt doch himmlisch, nicht wahr? Anstatt mühsam an sich selbst zu arbeiten, einfach nur Ozempic bzw. Wegovy spritzen lassen - und schon purzeln die Kilos! Tja, wenn es so einfach wäre - nicht nur, dass Leute sich bedenkenlos ein Präparat spritzen lassen, ohne sich über die Nebenwirkungen Gedanken machen, während noch kürzlich wegen einer gewissen Impfung endlos herumgeheult wurde: Man nimmt auch Diabetes-Patienten ein Medikament weg, das ihnen das Leben erheblich erleichtert, nur damit man in das schicke neue Kleid passt. Darüber hinaus wird häufig verschwiegen, dass die "Abnehmspritze" zwar auch bei Adipositas-Patienten angewendet wird, aber nur in Verbindung mit gesünderer Ernährung und mehr Sport zu nachhaltigem Erfolg führt. Stattdessen greifen vor allem Celebrities ohne wesentliches Übergewicht vermehrt zu dem angeblichen Wundermittel - und wundern sich (Wortspiel, haha!), dass ihnen davon schlecht wird. Ich verstehe, wenn man bei sehr adipösen Patienten auf solche Mittel zurückgreift, aber kranken Menschen die Medikamente wegnehmen, um mal so easy peasy ein paar überflüssige Pfunde loszuwerden - dafür fehlt mir dann doch die Toleranz.

Ihr erkennt also - es führt kein Weg an einer langfristigen Umstellung des Lebensstils vorbei, leider! Und ganz ehrlich - viele dieser Diäten klingen doch nicht wirklich gesund oder attraktiv, findet ihr nicht? Nun möchte ich mich für heute verabschieden und hoffe, dass wir uns bald wieder lesen - und fangt inzwischen keine komische Diät an! Bon voyage!

vousvoyez