Sonntag, 21. Januar 2018

Du bist heißer als jedes Bügeleisen

Der Kollege, der diesen Spruch geprägt hat, ist Experte für dubiose Komplimente. Jenes Kompliment galt allerdings nicht mir, sondern einer Kollegin, die alt genug war, seine Mutter zu sein.

Kreative Komplimente können manchmal schon ganz schön nach hinten losgehen. Werden oftmals aber auch honoriert. Als ich vor über zehn Jahren mal Urlaub in Gambia machte, sagte mir einer: "When I saw you I was thinking an angel was passing by." Ich hätte mich gefreut, hätte ich nicht gewusst, dass die meisten dieser jungen Männer bestrebt sind, ihre Heimat zu verlassen, um in Europa ihr Glück zu versuchen.

Was mich zu einem Thema bringt, das mir schon seit geraumer Zeit auf der Seele liegt, nämlich den positiven Rassismus. Das begann damit, dass ich die Autobiographie des bayerisch-nigerianischen Kabarettisten Simon Pearce gelesen habe. Eine erfrischende Alternative zu all den ernsthaften Intellektuellen, die sich schon auf den Schlips getreten fühlen, wenn man "negativ" sagt. Die waren nämlich schuld daran, dass mich der Begriff "positiver Rassismus" früher so auf die Palme gebracht hat. Man darf nichts Negatives über Schwarze sagen, aber auch nichts Positives, so nach dem Motto: "Die haben den Rhythmus im Blut." Doch nach jahrelanger Erfahrung, zehn Jahren an der Seite eines Steirers aus dem Kongo und der Lektüre von Pearce und Ayaan Hirsi Ali denke ich über die Sache doch ein wenig anders.

Als Nachfahrin der Hippie-Generation bin ich ja quasi mit positivem Rassismus aufgewachsen. Schwarze können besser singen, besser tanzen und besser Basketball spielen. Und wenn mal ein Schwarzer auf einem anderen Gebiet glänzt, als Arzt oder Schriftsteller oder von mir aus bildender Künstler, sind wir gleich ganz begeistert, weil wir das nicht so kennen. Und wenn wir mal einem begegnet sind, wird sofort die Klischeekiste ausgepackt. Und die hat es in sich. Ich möchte anmerken: Mein Partner ist in der Tat ein außergewöhnlicher Sportler, hat aber kein überragendes musikalisches Talent und tanzt wie ein betrunkener Clown. Wagt es aber dennoch, mein gewiss nicht sehr ausgeprägtes tänzerisches Talent zu kritisieren. Das aber nur nebenbei.

In meinen späten Jugendjahren kam ich dann mit weißen Dreadlock-Trägern in Berührung, die kifften und ihre Wochenenden auf Reggae-Ragga-Partys verbrachten. Ich war jahrelang auf diesen Partys, auf denen sich weiße Mädels mit grün-gelb-roten Strickpullovern afrikanischen Männern an den Hals warfen. Der Grund, warum ich irgendwann aufhörte, diese Clubbings zu besuchen, war, dass einer der DJs die Missionierung zum Rastafarismus wohl etwas zu ernst zu nehmen schien; da kamen beispielsweise ein paar Takte eines voll guten Songs von Bob Marley oder Lucky Dube, dann drückte er auf Stop und röhrte ins Mikrofon so Sachen wie "Yeah, Jah Rastafari, burn Babylon, one love, one heart, Haile Selassie I", um dann wieder das Lied von vorn abzuspielen, an der gleichen Stelle zu stoppen und wieder ins Mikrofon zu rülpsen: "Yeah, bumbo claad, blood a gonna run, one love, one heart, one destiny, one unity...", um dann mit einem weiteren Lied denselben Käse abzuspulen. Das war mir dann doch irgendwann zu viel.

Mittlerweile rollen sich mir die Zehennägel schon auf, wenn ich so Sachen höre wie: "Ach, bist du schon so lange mit deinem Freund zusammen? Das ist ja super, solche Beziehungen halten ja normalerweise nicht so lange." Was sind "solche Beziehungen"? Abgesehen von den unterschiedlichen Hautfarben ist unsere Beziehung, wie ich denke, nicht so viel anders als die anderer Menschen. Wir streiten, wir versöhnen uns, wir teilen Interessen, und ab und zu sind wir uns auch uneinig. Ich teile zum Beispiel seine Fußball-Leidenschaft nicht. Aber ich glaube, in jeder Partnerschaft braucht man etwas Eigenes. Die zweite Bemerkung, die mich auf die Palme bringt: "Mei, warum habt's ihr denn kein Kind, das wäre sicher voll süß!" Fazit: Ein weißes Baby wäre voll 08/15, ein schwarzes Baby (um das N-Wort auszusparen) "voll süß". Im Grunde genommen denken wir es ja immer noch, auch wenn wir schamhaft vermeiden, es auszusprechen. Und das dritte: "Wow, der spricht ja sogar unseren Dialekt, voll witzig!" Hier wächst inzwischen eine Generation heran, die in ihrer Abstammung weitaus heterogener ist als wir. Sollten wir nicht langsam damit aufhören, erstaunt zu sein, wenn sie auch unsere Sprache, mit der sie immerhin aufgewachsen sind, perfekt beherrschen?

Mein Wunsch: Wir sollten uns vermischen, und zwar vollständig. Jede Hautfarbe soll an jeder Uni, in jeder Toilette, auf jeder Ausstellung, in jeder Arztpraxis, in jedem Kindergarten und in jeder Schule vertreten sein. Weil dann stellen sich gewisse Fragen nicht mehr. Niemand würde mehr auf Grund von Äußerlichkeiten bevorzugt oder benachteiligt werden. Man würde lernen, normal miteinander umzugehen. Ohne einen Österreicher mit exotischerem Aussehen fragen zu müssen: "Wo kommst du denn her, sprichst du deutsch?" oder ihn prinzipiell auf Englisch anzusprechen oder so Sachen zu sagen wie: "Woher du kommen? Du Afrika?" Das würde bedeuten, dass wir unsere Vorurteile tatsächlich überwunden haben.

One love, one heart, one destiny, one unity!

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