Dienstag, 5. Januar 2021

Du sollst dich zu Hause ganz wie im Krankenhaus fühlen

(c) vousvoyez
Ich gebe es offen zu - ich habe keine Ahnung mehr, in welchem Zusammenhang dieser Satz gefallen ist. Es ist also die rätselhafteste aller Weisheiten, an denen ich je gesessen bin, seit ich diesen Blog eröffnet habe. Und ja, ich bin gesessen, denn ich bin auch Österreicherin, und in der Sprache meines Landes, auch wenn sie Deutsch ist, ist dieser Satz genauso korrekt wie das standarddeutsche "ich habe gesessen". Tricky, nicht wahr?

Tja, das neue Jahr hat angefangen, das zwar bis jetzt nicht besser ist als das Jahr davor, aber es sind ja bisher nur vier Tage, und man wird ja wohl noch mal hoffen dürfen, nicht wahr? Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass ich schon seit fast einem halben Jahr meine Eierer-Liste nicht mehr fortgesetzt habe, und dass sich gerade wieder mal das Datum geändert hat, ist doch ein guter Zeitpunkt, da mal wieder anzusetzen, findet ihr nicht? Und keine Sorge, auch diesmal wird das Thema mit dem großen C nicht den ganzen Artikel beherrschen - immerhin habe ich mich schon oft genug damit beschäftigt, nicht wahr? Also ...

Top-Eierer Numero 18: ... und jetzt wird alles anders!

Ich finde es ja immer recht schräg, dass Leute immer glauben, alles wird anders, nur weil sich das Datum ändert. Ich habe bereits so viele Jahreswechsel miterlebt, und meine Lieben, ich muss euch eines sagen: Ich habe noch nie, wirklich NOCH NIE erlebt, dass sich meine Probleme auf einmal in Luft aufgelöst haben, nur weil wir nicht mehr 2020, sondern 2021 schreiben. Und ich muss euch wieder enttäuschen: Die Gesundheitskrise und alles, was damit zusammenhängt, ist nicht auf einmal vorbei, nur weil wir jetzt eine andere Jahreszahl haben. Aber sind wir uns doch ehrlich: So war es doch immer schon, nicht wahr? Jedes Mal, wenn das Jahr zu Ende war, sind die Leute kollektiv ausgeflippt. Und ich muss zugeben, ja, auch ich hatte mal eine Zeit, als ich glaubte, wenn ich zu Silvester nicht auf irgendeiner Party bin, dann mache ich etwas falsch. Häufig hat das allerdings dazu geführt, dass ich auf einer ganz miesen Party war, auf der ich nur durchgehalten habe, weil ich nicht die Langweilerin sein und um Mitternacht zu Hause sitzen wollte. Nun, die letzten Jahre sitze ich mit meinem Freund zu Hause, mache, was auch immer man mit seinem Partner so macht, und - es ist okay! Die Welt geht nicht unter, das neue Jahr kommt trotzdem, und ich habe nicht den Stress, auf irgendeiner Party sein und irgendwelche Leute aushalten zu müssen, die ich eigentlich gar nicht sehen will. Und ich habe es auch mehr oder weniger aufgegeben, zu denken, dass am 1. 1. auf einmal alles anders wird - denn ich bin ja immer noch dieselbe wie am 31. 12., und selbst wenn ich ein paar Tage später ein Jahr älter werde, verwandle ich mich deswegen doch nicht in Susi Sagsnicht oder Amalie Abergeh oder sonst irgendeine andere Person. Am schlimmsten war dieser Hype um den Jahrtausendwechsel herum - ich meine, klar, es ist natürlich ein großes Ereignis, wenn sich einmal in tausend Jahren ALLE VIER Ziffern im Datum ändern, aber muss man sich deshalb so in einen Wahn hineinsteigern? Was ich nicht alles gehört habe damals, vom Zusammenbruch der Elektronik über die Landung von Außerirdischen bis hin zum Weltuntergang - und jetzt ratet mal, was dann passiert ist! Genau - nichts! Null! Niente! Nada! Nothing! Rien! E loco te! Neujahr ist gekommen, und es dauerte nicht lange, bis der Skiurlaub vorbei war und ich wieder in die Schule musste. Liebe Top-Eierer Numero 18: Bleibt doch einmal locker!

Top-Eierer Numero 19: Ich bin ja so schiach!

"Schiach" ist in Österreich ein Synonym für hässlich oder gemein. Wobei ich finde, dass "schiach" ein viel stärkeres Wort ist als das standarddeutsche "hässlich". Ich möchte an dieser Stelle übrigens auf Severin Groebners wunderbares Buch Servus Piefke! verweisen - darin gibt es ein ganzes Kapitel über die Schiachheit. Wie dem auch sei, jedenfalls ist Top-Eierer Numero 19 in der Regel weiblich und meistens so zwischen vierzehn und Mitte Zwanzig. Es sind also junge Mädchen, die sich bei jeder Gelegenheit darüber beklagen, wie hässlich sie sind - heutzutage haben wir ja auch noch Social Media, da posten sie dann auch noch Fotos von sich, unter denen sie sich darüber beklagen, wie hässlich sie heute doch sind. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht extra Fotos von mir auf Facebook oder Instragram stelle, auf denen ich mich hässlich finde, trifft das allerdings meistens auch gar nicht zu. Und da liegt der Hund begraben: Diese Mädchen sagen nicht, dass sie hässlich sind, weil sie sich hässlich finden, sondern, damit alle Welt (vor allem die männliche) ihnen ununterbrochen versichert, wie schön und hübsch sie doch ist. Und so finden sich unter den "hässlichen" Fotos auf Instagram auch immer zahlreiche Kommentare, wo sich Freundinnen und Freunde ganz schockiert darüber geben, dass dieses wunderhübsche Mädchen von sich selbst behauptet, hässlich zu sein. Und dabei weiß sie doch ganz genau, dass sie nicht hässlich ist - aber trotzdem macht sie aller Welt das Gegenteil weis, damit ihr nur auch ja alle sagen, wie toll sie ist. Ähnlich verhält es sich auch bei so manchen jungen Damen, die superschlank sind, sich aber ununterbrochen darüber beschweren, wie fett sie doch seien. Versteht mich nicht falsch: Ich weiß genau, dass Menschen, die an Anorexia nervosa erkrankt sind, gleichzeitig an einer Körperschemastörung leiden, die ihnen vorgaukelt, sie seien zu dick, obwohl sie in Wirklichkeit nur noch Haut und Knochen sind. Aber von solchen Menschen rede ich gar nicht. Diese Mädchen sind möglicherweise ein wenig verunsichert, aber mit Sicherheit nicht krank - trotzdem müssen sie bei jeder Gelegenheit betonen, dass sie zu fett sind. Und zwar deshalb, damit irgendjemand ihnen sagt: "Ich weiß gar nicht, was du hast - du bist doch eh voll dünn." Liebe Top-Eierer Numero 19: Ist es nicht besser, wenn ihr euch nach einer Therapie umseht, wenn ihr überall und jederzeit so viel Bestätigung braucht?

Top-Eierer Numero 20: Ich habe mehr zu tun als alle anderen auf der Welt!

Diese Eierer sind eigentlich der Grund dafür, warum ich diese Liste erstellt habe. Ich habe nämlich kürzlich einen Comic von erzählmirnix gesehen, der genau von einem solchen Exemplar handelte - einer Person, die, nachdem sie erfährt, dass ihr Gegenüber sich seine Pullover selbst strickt, ewig und drei Tage darüber lamentiert, dass sie für so ein Hobby ja überhaupt keine Zeit hätte, weil sie ja den ganzen Tag so wahnsinnig viel zu tun hätte, dass sie die Leute beneide, die für so etwas Zeit hätten und dass das für sie ohnehin reine Zeitverschwendung wäre. Mir ist dann sofort die deutsche Kinderbuchautorin Lise Gast eingefallen, die in achtzig Jahren etwa 120 Bücher geschrieben und auch übersetzt hat, außerdem war sie als Kolumnistin tätig. Zusätzlich hat sie, nachdem sie ihren Ehemann im Krieg verlor, alleine acht Kinder, zwei Pflegekinder und zwei Enkelkinder großgezogen und außerdem einen Ponyhof betrieben. Mit anderen Worten - die Frau hat in ihrem Leben mehr gearbeitet als so manch anderer. Trotzdem gab es immer wieder Leute, die ihr unterstellten, sie würde den ganzen Tag quasi Urlaub machen - das waren wahrscheinlich dieselben, die den Spruch "Das Leben ist kein Ponyhof" in die Welt gesetzt haben. Einmal schrieb sie über diejenigen, die glauben, ein Dichter müsse nur darauf warten, dass ihn die Muse küsst - solche Leute fragte sie gerne, warum sie denn nicht selbst Schriftsteller wären. Woraufhin diese erwiderten, sie hätten überhaupt keine Zeit dazu, weil sie ja so extrem viel zu tun hätten. Nun, wenn ich so was höre, ist mein erster Gedanke immer: Was kann ich dafür, dass du so viel zu tun hast? Und in mir keimt der Verdacht auf, dass diese Leute mir in Wirklichkeit ein schlechtes Gewissen manchen wollen, weil ich im Gegensatz zu ihnen auf der faulen Haut liege. Dann frage ich mich auch häufig, woher sich so jemand, wenn er doch so wahnsinnig viel zu tun hat, eigentlich die Zeit nimmt, lang und breit darüber zu lamentieren, wie viel er doch zu tun hätte. Und ich würde ihn gerne fragen: "Wenn du doch so viel zu tun hast, warum tust du es dann nicht, anstatt darüber zu jammern?" Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass das Problem darin liegt, dass diese Person einfach nicht fähig ist, ihr Leben richtig zu organisieren - denn ich kenne tatsächlich Leute, die sehr viel zu tun haben und trotzdem noch einem Hobby nachgehen. Vor allem deshalb, weil sie dieses Hobby brauchen - denn wer den ganzen Tag voll beschäftigt ist, braucht auch eine Tätigkeit, die ihm Freude macht und bei der er sich entspannen kann. Und auch ich übe meine Hobbys hauptsächlich aus diesem Grund aus und nicht, weil ich sonst nichts zu tun habe. Liebe Top-Eierer Numero 20: Macht euch doch das Leben nicht so wahnsinnig schwer!

Top-Eierer Numero 21: Warteschleifen

Ich weiß, dass das keine Personen sind, aber wer kennt es nicht: Du rufst bei irgendeiner Behörde an oder beim Arzt, und eine Stimme vom Automaten bittet dich um Geduld. Und dann kommt irgendeine nervige Melodie, die du dir dann ewig lang anhören kannst und die dich in den Wahnsinn treibt. Versteht mich nicht falsch: Ich weiß durchaus, dass es passieren kann, dass alle Leitungen besetzt sind. Und dass man dann eben warten muss. Und ich kann das auch akzeptieren. Aber warum muss man deshalb so fürchterlich nervige Melodien abspielen? Zu welchem Zweck? Ist das eine Verschwörung aller Ärzte und Behörden dieser Welt, seine Anrufer in den Wahnsinn zu treiben? Nervige Warteschleifen stehen auf meiner schwarzen Liste ganz weit oben, direkt unter dem Bahnschranken Richtung Straßenbahn und Heidi Klum! Das geht so weit, dass ich mir in meiner kranken Phantasie bisweilen vorstelle, dass auch Gott, würde man ihn denn anrufen, auch eine Warteschleife hätte, auf der immer wieder dasselbe Kirchenlied abgespielt wird. Und der Teufel hat wahrscheinlich irgendein Metal-Stück. Welche Warteschleife der Tod hat, weiß ich allerdings nicht.

Top-Eierer Numero 22: Leute, die im Kino laut mitsprechen

Aktuell kommt man ja eher nicht ins Kino - und ich muss gestehen, dass ich auch schon lange nicht mehr dort war. Aber es gab mal eine Zeit, als ich oft und für mein Leben gern hingegangen bin. Ich kann durchaus nachvollziehen, warum Woody Allen in seiner Jugend einen Großteil seiner Freizeit (und unerlaubterweise auch viel von seiner Schulzeit) dort verbracht hat: Man hat das Gefühl, durch das Tor der Leinwand eine andere Welt zu betreten. Sehr empfehlen kann ich in diesem Zusammenhang übrigens Allens Film The Purple Rose of Cairo aus dem Jahr 1985, die Geschichte einer Frau, die ständig ins Kino geht, um ihrem tristen Leben zu entfliehen, bis eine Figur von der Leinwand steigt, weil sie sich in sie verliebt hat. Und ja, ich weiß, dass Woody Allen mittlerweile umstritten ist, aber ganz ehrlich: Wenn wir nicht lernen, den Künstler von seinem Werk zu trennen, geraten wir ständig in die Bredouille, weil wir uns ständig fragen müssen, ob der Künstler sein ganzes Leben lang absolut respektierlich war, bevor wir sein Werk genießen. Ich weiß, das ist nicht einfach - aber ich kann's nun mal nicht ändern. Jedenfalls gibt es ein Exemplar der Spezies homo sapiens sapiens, die einem so einen Kinobesuch ganz schön vergällen kann, und das sind diejenigen, die das Geschehen auf der Leinwand permanent kommentieren müssen! Pausenlos hört man sie quatschen: "Ah! Und was macht er jetzt? ... Und warum macht er das? ... Ah, das hab ich mir gedacht, dass das passiert! ... Glaubst du, es passiert das?" Den ganzen Film über wird man permanent auf unangenehme Weise daran erinnert, dass es eine Welt jenseits des Films gibt - und das ist doch nicht der Grund, weshalb man ins Kino geht! Liebe Top-Eierer Numero 22: Keinen interessiert, was ihr sagt, also lasst es bitte bleiben!

Top-Eierer Numero 23: Patrioten

Ich sage es gerne, und ich sage es auch jetzt: Ich mag das Land, in dem ich geboren bin und über dessen Staatsbürgerschaft ich verfüge. Ich habe mehr Rechte als in vielen anderen Ländern dieser Welt, ich kann in Frieden leben und mich verhältnismäßig frei entfalten. Ich mag Österreich, und ich bin auch gerne Europäerin - aber ich glaube an ein modernes, aufgeschlossenes, freies, humanitäres Österreich bzw. Europa. Und ich muss leider sagen, dass mich vor allem die EU angesichts der Situation der Menschen im Flüchtlingslager Moria bitter enttäuscht hat - ebenso wie unsere Regierung, denen es leider wichtiger ist, vor den Rechten gut dazustehen, als dass Menschen ein Dach überm Kopf und was zu essen haben. Leider entwickeln wir uns allmählich zurück zu einer Gesellschaft, hinter der ich nicht stehen kann - eine ausgrenzende, engstirnige, rückschrittliche Gesellschaft, deren Möglichkeiten nur jenen offen stehen, die den Verantwortlichen nach dem Mund reden - und natürlich jenen, die nicht das Pech hatten, unter den falschen Umständen geboren worden zu sein. Eine Gesellschaft, die nur für Patrioten und Nationalisten offen steht. Und es tut mir leid - beides kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ja, ich gratuliere dir, dass du in Österreich geboren bist! Starke Leistung, das macht dir so schnell keiner nach! Hier ist dein Pokal! Ganz ehrlich - für mich ist Patriotismus bzw. Nationalismus der letzte Ausweg all derer, die im Leben sonst nichts auf die Reihe bringen. Denn stolz sein kann man, so finde ich jedenfalls, auf Dinge, die man geleistet hat - nicht aber auf Gegebenheiten, auf die man keinen Einfluss hat. Und nein, ich glaube nicht, dass wir uns unser Schicksal irgendwie unbewusst selbst aussuchen - wer so etwas behauptet, sucht nur nach einer Ausrede, warum es okay sein soll, ein egoistisches Arschloch zu sein. Liebe Top-Eierer Numero 23: Besinnt euch auf das, was ihr könnt, und nicht auf das, was euch in die Wiege gelegt wurde!

Top-Eierer Numero 24: Gaffer

Und nein, diese Eierer gehen mir nicht lediglich auf die Nerven: Ich hasse und verachte sie zutiefst. Denn was für ein Arschloch muss man sein, dass einem vor lauter Sensationsgeilheit auf alles andere scheißt? Und leider ist es genau diese Sensationsgeilheit, die die Boulevard-Drecksblätter noch befeuern: Indem Falschinformation gestreut und die Persönlichkeitsrechte von Opfern mit Füßen getreten werden, appelliert man an den niedrigsten Instinkten seiner Leser. Und genau das ist der Grund, warum ich auch die Boulevard-Presse zutiefst verachte. Denn die Gaffer-Mentalität ist für mich der gesellschaftliche Bodensatz: Anstatt sich zu fragen, ob man in einer Notsituation etwas Konstruktives beitragen kann, wird sich am Leid anderer aufgegeilt. Und als ob das noch nicht genug wäre, behindert man auch noch diejenigen, die helfen können und auch wollen - und macht vielleicht gleichzeitig auch noch ein paar Bilder, die man dann im Internet veröffentlichen kann, damit Leute, die genau solche Arschlöcher sind wie du, sich ebenfalls daran aufgeilen kann. Nicht liebe Top-Eierer Numero 24: Wenn ihr nichts Hilfreiches zu einer Situation beitragen könnt, dann schleicht euch gefälligst! Und macht jenen Platz, die im Gegensatz zu euch in der Lage sind, die Situation zu verbessern und jenen zu helfen, die ihr nur begaffen könnt! Und nutzt das Smartphone in eurer Hand, wenn überhaupt, nicht dazu, Fotos und Videos zu machen: Nutzt es, um die Notrufnummer zu wählen! Denn dann hättet ihr tatsächlich mal zur Abwechslung was Hilfreiches beigetragen! Und es tut mir auch nicht leid, dass ich euch nicht mit der angemessenen Höflichkeit begegnen kann - denn nichts ist im Leben umsonst, auch das nicht!

Ah, das tut gut, wenn man gleich am Beginn eines Jahres - vor allem, wenn es verspricht, schwierig zu werden - einmal ganz viel Dampf ablassen kann! Und ich kann euch versprechen - es werden auch wieder Disney-Filme, Mythen und Legenden, Gedankenspiele und alles mögliche andere, was mir so einfällt, auf diesem Blog zu lesen sein. Und lasst uns trotz allem versuchen, positiv zu bleiben - weil Jammern nichts bringt. Und lasst uns das Beste aus der Situation machen - und gleichzeitig hoffen, dass wir uns alle gesund und lebendig wiedersehen! Bon voyage!

vousvoyez

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