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Der Hll |
Wobei hier selbstverständlich nicht der auch "Sonnenkönig" genannte SPÖ-Politiker Bruno Kreisky gemeint ist, der von 1970 bis 1983 österreichischer Bundeskanzler war, sondern ein nach ihm benannter Wellensittich. Ich habe so den Eindruck, dass es eine Zeit lang Mode gewesen zu sein scheint, seine Haustiere nach Politikern zu benennen - eine mit meiner befreundete Familie hatte einen Hund namens Gorbatschow und eine Katze namens Bush, und der von Til Schweiger gespielte Axel aus dem Film Der bewegte Mann von 1994 hatte einen Vogel im Käfig namens Schewardnadse. Und nachdem wir schon wieder bei der Vergangenheit sind, möchte ich meine Liste an Dingen aus meiner Kindheit gerne fortsetzen - zumal sie, wie schon so oft, doch länger wird als ursprünglich geplant.
1. Zaubertroll
Ein Spielzeug, das ich neben der Barbie am wenigsten mochte. Ich bekam zum Geburtstag ein Trollpüppchen mit neongelben Haaren und Leuchtaugen geschenkt - ich muss allerdings gestehen, dass ich es in irgendeiner Schublade versteckte und nicht mehr ansah. Auch wenn es andere Spielzeuge gab, die hässlich waren und die ich trotzdem unbedingt haben musste - aber davon später.
Der erste Zaubertroll wurde 1959 von dem dänischen Holzschnitzer Thomas Dam aus Holz hergestellt, mit Haaren aus Schafwolle und Augen aus Glas. Er schenkte ihn seiner kleinen Tochter, die ihn in die Schule mitnahm, woraufhin ihre Freundinnen sich auch solche Trollpuppen wünschten - obwohl diese eigentlich sogar noch hässlicher waren als die Kunststoff-Version meiner Kindheit, aber zumindest war es gute handwerkliche Arbeit. Schon bald begann Dam, die Figuren professionell herzustellen und zu vertreiben, woraufhin die Püppchen Mitte der 1960er Jahre zum ersten Mal in Europa in Mode kamen. In den 1970ern waren Nachahmungen der originalen Dam-Produkte auch in den USA erfolgreich, und in den 1990ern feierten Troll-Püppchen aus Plastik mit nach oben stehenden Haaren, zeitgemäß in leuchtenden Neonfarben, in allen Größen von der Firma Hasbro ihren Siegeszug in den Kinderzimmern. Da ich, wie schon gesagt, eine Mädchenschule besuchte, war ich von diesen hässlichen Püppchen täglich nahezu umzingelt. Das Besondere an diesen Trollen war, dass sie Mädchen begeisterten, obwohl sie nach keinerlei ästhetischen Kriterien gestaltet waren. In den Neunzigern versuchte man zwar immer wieder, auch Jungs für die Trolle zu begeistern, aber dies war von eher mäßigem Erfolg gekrönt. Irgendwann verschwanden diese Dinger, wie sie gekommen waren, obgleich 2016 der computeranimierte Film Trolls in die Kinos kam. Im Zuge der Neunziger-Nostalgie-Welle halte ich ein Revival dieser hässlichen Püppchen allerdings durchaus für möglich.
2. Mal- und Schreibwaren
Ein beliebter und auch geförderter Zeitvertreib für Kinder ist ja bekanntlich Malen und Zeichnen, und spätestens ab dem Schuleintritt kommt natürlich auch das Schreiben dazu. Deshalb halte ich es durchaus für keinen Fehler, den Bleistiften, Buntstiften, Kugelschreibern, Füllfedern, Finelinern, Gelstiften, Filzstiften und Malfarben der Kindheit ein paar Zeilen zu widmen. Zur Zeit meines Schuleintritts gab es ja - wohl durch das Problem mit dem sich vergrößernden Ozonloch - ein neues Bewusstsein für den Umweltschutz. Es gab sogar Kinderserien, die sich damit befassten - ich erinnere hier an die Superhelden-Serie Captain Planet. In meinem Alltag machte sich durch das seltsame ungebleichte Umweltschutzpapier bemerkbar, das ich benutzte. Sowohl meine Zeichenblöcke als auch meine Schulhefte waren einige Jahre lang alle aus diesem komischen graubraunen Papier. Was ja nicht schlimm war - viel schlimmer war dieses kratzige Toilettenpapier, auf dem in grüner Schrift Danke stand und das vor allem in den Schultoiletten sehr häufig verfügbar war. Sehr freundlich, dass sich dein Klopapier wenigstens dafür bedankt, dass es dir den Hintern wund kratzen darf! Wunde Hintern für die Rettung des Planeten, wer sich das nur ausgedacht hat!
Besonders wichtig waren aber natürlich die Malfarben, die wir verwendeten. Die Marke, die vor allem in den Schultaschen österreichischer Volksschulkinder von den 1960er Jahren bis heute sehr oft zu finden ist, ist Jolly, die zu dem österreichischen Unternehmen Brevillier Urban & Sachs gehört. Erkennungszeichen ist die auf jedem Produkt abgebildete Jolly-Figur, die eine Art Hanswurst mit grüner Glöckchen-Haube darstellt. Am begehrtesten waren bei uns die Jolly-Kinderfest-Sechskant-Buntstifte in der Blechschachtel, weil sie tatsächlich von guter Qualität waren und bis heute sind - vor allem sind sie sehr robust, das Holz splittert nicht und widersteht den nicht immer sanftmütigen Händchen und Zähnchen von Kindern. Dabei sind die Farben auch noch sehr kräftig und entfalten beim Ablecken der Mine sogar noch mehr Leuchtkraft. Manche Mädchen befeuchteten auch ihre Fingernägel mit Speichel und "lackierten" sie dann mit dem rosa Farbstift. Am tollsten war aber immer die Farbvielfalt - mein sehnlichster Wunsch war jahrelang, einmal die Schachtel mit allen 36 Farben zu besitzen. Da aber schon die kleinen Schachteln sehr teuer waren, hat er sich nie erfüllt. Beliebt waren auch die Jolly-Superstar-Buntstifte mit der gelben Verschlusskappe, oder als Duo-Version (dick und dünn) mit geriffelter weißer Kappe. Sehr begehrt außerdem die Stifte mit verschiedenfarbigen Minen - manche konnte man per Knopfdruck wechseln, während andere verschiedene Minen zum Aufstecken hatten. Nicht zu vergessen die Malkreiden aus echtem Bienenwachs und der klassische Wasserfarben-Malkasten, die im Kunstunterricht nicht fehlen durften - wobei im Malkasten immer eine kleine Tube Deckweiß enthalten war. Im Kindergartenalter durfte ich nur unter Aufsicht eines Erwachsenen mit Wasserfarben hantieren - wenn aber das Wasserglas von der letzten Mal-Session stehengeblieben war, saß ich schon auf dem Tisch und war ganz in meine künstlerische Tätigkeit vertieft, bis meine Mutter, die Banausin, hinzukam und schimpfte, weil ich wieder einmal von Kopf bis Fuß mit Farbe vollgeschmiert war, und mich in die Badewanne steckte. Jaja, so ein Künstlerleben ist hart!
Ab der zweiten Volksschulklasse durfte außerdem auch die obligatorische Füllfeder nicht fehlen - als Linkshänderin besaß ich natürlich die Linkshänderfeder von Lamy, die mit kurzen Tintenpatronen aus Plastik aufgefüllt wurde. Selbstverständlich immer begleitet von dem rosa Löschpapier, das jedem Schulheft beigefügt war, und dem Tintenkiller, der immer so komisch roch - aber die Frau Lehrerin hat immer geschimpft, wenn ich mit Tinte und Killer kreative Experimente anstellte. Auch sie - kein Verständnis für hohe Kunst!
Im Laufe des Unterstufengymnasiums wich die Füllfeder zunehmend dem praktischeren Kugelschreiber, das bunte Federpennal der frühen Jahre, in das die Stifte immer einzeln eingeordnet wurden, wurde abgelöst von kleineren Federmäppchen aus Blech oder Leder, wobei man Letztere nach Herzenslust bekritzeln konnte, sofern das Leder hell genug war. Das Lästige war, dass proportional zur Zunahme an Größe und Körpergewicht die Schultasche immer leichter wurde - entsprechend hatte ich in der Volksschule noch die grün-blaue Riesentasche von IKEA, die in der Unterstufe einem noch größeren grünen Walker-Rucksack wich und in der Oberstufe einem kleinen blauen Kipling-Rucksack. In den letzten beiden Jahren nutzte ich statt tausend verschiedener Hefte dann auch nur noch einen einzelnen College-Block zum Mitschreiben, der mich in Folge auch an der Uni begleitete. Ich bewunderte als Schülerin immer diejenigen, die es im Gegensatz zu mir schafften, ihre Schulhefte tadellos in Ordnung zu halten. Und während ich mich bereits im ersten Uni-Semester schon mit College-Block und Kugelschreiber begnügte, hatten manche noch ein wohl gefülltes Federpennal und hoben die Überschriften farbig hervor - ich muss zugeben, dass ich auch diese Leute trotz meines damals stilisierten Understatements insgeheim bewunderte.
3. Spielkonsolen
Obgleich ich nie eine eigene besaß, waren sie in meiner Kindheit natürlich allgegenwärtig. Die ersten, die vor allem die Jungs nutzten, waren die Handheld-Konsolen namens Tric O Tronic, die vor allem in den 1980ern in den Kinderzimmern zu finden waren, teilweise aber auch noch in den 1990ern. Meine Freunde und meine Cousins tippten ständig auf diesen Dingern herum, aber welche genau das waren, kann ich heute beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich erinnere mich nur an eines, das ein Freund von mir im Weißensee-Urlaub mit hatte und das immer auf extrem nervige Art und Weise Oh Susanna abspielte - eine Melodie, die ich im selben Jahr auf der Blockflöte verbrochen hatte. Im Jahr 1989 brachte die japanische Firma Nintendo den ersten Game Boy heraus, die legendäre Handheld-Konsole mit dem hellgrauen Gehäuse, die die Kinderzimmer dieser Welt im Sturm eroberte. In Österreich schlug er allerdings erst zwei bis drei Jahre später so richtig ein. Ich erinnere mich, dass anfangs vor allem Kinder, die ein paar Jahre älter waren als ich, einen Game Boy besaßen. Der Vorteil gegenüber dem Tric O Tronic war, dass das Spiel nicht in die Konsole integriert war - sprich, man konnte via Diskette verschiedene Spiele darauf spielen. Zwar kamen nicht lange danach auch andere Konsolen dieses Typus heraus, etwa Sega Game Gear oder Atari Lynx, die waren aber weitaus weniger handlich, verbrauchten viel mehr Strom und waren auch viel teurer. Zudem lagen die Rechte der begehrtesten Spiele alle bei Nintendo, so dass sich jeder nur für den Game Boy interessierte. Und das, obwohl der Atari Lynx, der ungefähr zeitgleich auf den Markt kam, bereits über einen Farbdisplay verfügte, während der Game Boy bis zur Markteinführung des Game Boy Colour im Jahr 1998 nur mit Schwarzweiß aufwarten konnte.
In meiner Volksschulzeit gab es irgendwann einmal ein Weihnachten, nach dem nahezu jedes zweite Kind, das ich kannte, plötzlich einen Game Boy besaß. Ich war wieder einmal am Weißensee auf Urlaub, und die beiden Söhne der Familie, mit der wir immer fuhren - damals waren sie etwa acht und sechs Jahre alt - hatten zu zweit ein solches Gerät bekommen. In Kombination mit dem Game Boy wurde damals auch das Spiel Tetris verkauft, dessen Melodie ich bis heute im Ohr habe - außerdem hatten die beiden, soweit ich mich erinnern kann, Duck Tales, das sie besonders gern spielten, und Robo Cop. Das Weihnachtsgeschenk hatte allerdings einen Nachteil: Da es sich zwei kleine Jungen teilen mussten, gab es täglich Streit, wer jetzt spielen durfte - pausenlos schrie einer, während daneben die typischen Spielmelodien zu hören waren. Manchmal war es der Mutter dann zu viel - dann nahm sie den beiden ihr Spielzeug weg und spielte Tetris. Jahre später stritten sie sich dann um den Game Boy Advance der kleinen Schwester eines Freundes - ganz erwachsen wird man wohl nie.
Den Handheld- folgten auf dem Wunschzettel die stationären Konsolen - bereits ein halbes Jahr nach dem Debakel mit dem Game Boy wünschte sich der ältere der beiden Jungs zum Geburtstag einen Super Nintendo, und obgleich dieser erst im Dezember war, sprach er bereits im August nur noch davon und ging seinem jüngeren Bruder und mir damit so sehr auf die Nerven, dass wir anfingen, Spottlieder auf den Super Nintendo zu dichten. Ein paar Jahre später folgte dann die PlayStation von Sony, und als Teenager verbrachten wir einen verregneten Sommerurlaub in Grado vorwiegend an den Automaten der Spielhöllen. Ich selbst habe mir abgesehen davon manchmal einen Game Boy von jemand anders ausgeliehen oder eine Partie auf einer XBOX oder PlayStation mitgespielt, ansonsten konnte ich mich für das digitale Spielvergnügen aber nie so richtig begeistern.
4. Lego
Und natürlich kam auch ich nicht an dem dänischen Spielzeugriesen LEGO vorbei, der seit 1932 einen festen Platz in den Kinderzimmern einnimmt. Die typischen bunten Klemmbausteine aus Kunststoff mit den Noppen an der Oberseite wurden erstmals 1949 eingeführt - allerdings noch mit hohler Unterseite, was der Stabilität der gebauten Modelle eher abträglich war, weshalb man in dem Hohlraum zusätzlich kleine Röhren integrierte, ein Prinzip, das 1958 patentiert wurde. In meiner Kindheit hatten wir neben dem klassischen Lego, das wir "kleines Lego" nannten, auch noch LEGO Duplo, von uns auch "großes Lego" genannt, dessen Bausteine weitaus größer und daher für kleinere Kinder besser geeignet waren, da das kleine Lego natürlich viele verschluckbare Kleinteile hat. Zusätzlich hatten meine Brüder auch noch Bausätze der wesentlich anspruchsvolleren und raffinierteren LEGO-Technic-Reihe, die eher für ältere und eben technikaffine Kinder interessant ist. Ich erinnere mich, dass ich von Duplo ein Familienhaus samt Einrichtung und Bewohnern - Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Baby und ein Hund - besaß. Die Figuren und die verschiedenen Zimmer bekam ich einzeln nacheinander und erst am Schluss das Haus - es gibt ein Foto von mir an meinem dritten Geburtstag neben der Schachtel mit dem Duplo-Haus, in einem Pullover, den meine Mutter gestrickt hatte. Was das "kleine Lego" betrifft, so liebten meine Schwester und ich am meisten die Figuren der Fabuland-Reihe, die alle Tierköpfe hatten. Eine dieser Figuren war ein weißer Hund mit Polizeimütze, den ich "den Hll" mit langem L und ohne Vokal nannte - ich weiß nicht, wie ich das versinnbildlichen kann. Ich weiß aber noch, dass es mich immer störte, dass der Kopf vom Hll zu schwer für den Körper war. Außerdem hatten wir ein einbeiniges Schwein - das andere ist abgebrochen, nachdem meine Mutter einmal versehentlich drauf getreten ist. Wir waren schwer enttäuscht, als die Fabuland-Serie 1989 nicht mehr produziert wurde, aber die Figuren hatte ich noch lange.
5. Tamagotchi
Das aus Japan stammende Elektronikspielzeug war im Sommer 1997 der heißeste Scheiß des Jahres, verschwand aber kurz nach Schulbeginn so schnell, wie es gekommen war. Das Tamagotchi hatte die Größe eines Schlüsselanhängers und bestand im Wesentlichen aus einem Plastik-Ei mit drei Knöpfen unter einem Schwarzweiß-Bildschirm plus einem zusätzlichen Reset-Knopf auf der Rückseite, den man nur mit einem dünnen Gegenstand, etwa einem Kugelschreiber, bedienen konnte. Nachdem man auf diesen Knopf gedrückt hat, erscheint auf dem Bildschirm ein Ei - aus diesem schlüpft nach einiger Zeit ein virtuelles Küken, um das man sich wie um ein echtes Haustier kümmern muss, sprich, man muss es füttern, mit ihm spielen und es schlafen legen; manchmal wird es auch krank, und man muss ihm Medizin geben. Wenn es nach Zuwendung verlangt, meldet es sich mit einem Piepsen - sollte man es vernachlässigen, stirbt es, und man muss das Spiel mittels Reset-Knopf neu beginnen. Ich besaß allerdings nicht das Original-Tamagotchi, sondern ein Plagiat namens Dog Gotchi, das einen Hund darstellte - doch obgleich ich mich den ganzen Sommer über aufopferungsvoll um es kümmerte, wurde es nie alt und starb schnell. Der einzige, den ich kannte, bei dem das Tamagotchi über einen Monat überlebte, war ein Freund von mir, der das Original besaß. Während des Sommerurlaubs 1997 hatten fast alle meine Freunde ein Tamagotchi, und es gab eine Mutter, die, wenn wir schwimmen gingen, alle babysittete und oft umgeben von lauter Plastik-Eiern im Liegestuhl saß. Das Tamagotchi war so ziemlich das letzte Spielzeug, das ich unbedingt haben musste - ich war bereits dreizehn, und als ich dann wieder sechs Stunden in der Schule saß, nicht mehr jederzeit nach meinem Tamagotchi sehen konnte und die Piepserei zudem im Unterricht störte, verschwand es irgendwann in einer Schublade. Übrig geblieben ist von dem Hype ein weiterer gräulicher Eurodance-Song der deutschen Gruppe Sqeezer (ja, die schreibt man wirklich so).
6. Setzkasten
Beliebt für Kinderzimmer waren auch Setzkästen - kleine hölzerne Kästen mit Fächern, die meist an die Wand gehängt und mit Deko-Figuren vollgeräumt wurden. Meine Schwester hatte einen blauen Setzkasten voller Porzellantiere, mit denen ich immer spielte, wenn sie nicht da war - wenn sie mich allerdings dabei erwischte, wurde sie sauer. Als sie dem Kinderzimmer entwuchs, vererbte sie mir jedoch den Setzkasten samt Inhalt - wobei ich ihrer Sammlung das ein oder andere Stück hinzufügte. Ich glaube, dass die Tiere noch irgendwo in einer Schachtel zu finden sind.
7. Stammbuch/Poesiealbum
Was bei Grundschulkindern, insbesondere Mädchen, aber auch Jungen, nicht fehlen durfte, war das obligatorische Stammbuch oder Poesiealbum, das man an Freunde weiterreichte, die sich darin verewigen sollten. Während in ein Poesiealbum eher Reime und Verse, oft mit Zeichnungen, Ornamenten oder auch Stickern verziert, eingetragen wurden, bestand das Stammbuch oder Freundschaftsalbum aus Doppelseiten mit vorgedruckten Fragen zu der Person, die sich eintragen sollte, manchmal auch mit Foto. Auch im Poesiealbum stand jedem Eintragenden eine Doppelseite zur Verfügung - auf die eine wurde ein Gedicht niedergeschrieben, wobei es Tausende langweilige, oft schrecklich antiquierte Vorlagen gab, die zeitweise ein fürchterlich altmodisches Frauenbild transportierten ("Blüh an deiner Eltern Seite,/wachse tugendhaft heran,/und ein Engel Gottes leite/dich auf deiner Lebensbahn."). Die andere diente der künstlerischen Gestaltung, wobei weniger kreative Zeitgenossen gerne auf Vorlagen zum Abpausen oder auch Sticker zurückgriffen. Im Stammbuch wiederum, das schon bei Studenten zur Reformationszeit beliebt war, wurden eher Fragen zur Person beantwortet - Name, Alter, Wohnadresse, Schule, Lieblingsfach, Lieblingsessen, Lieblings-Popgruppe, Hobbys, Berufswunsch und so weiter. Als ich mein Stammbuch nach vielen Jahren wieder zur Hand nahm, entdeckte ich, dass zwei Mädchen, die beste Freundinnen waren, teilweise eins zu eins die gleichen Antworten gegeben hatten. Manchmal frage ich mich, was aus all diesen Kindern wohl geworden ist.
8. Sticker
Eines der Dinge, die heutzutage jede Person, die ihre Kindheit oder zumindest einen Teil davon in den 1990er Jahren verbracht hat, nennen kann: Der legendäre Trend, Sticker in Alben zu sammeln. Sticker heißen in Österreich übrigens Pickerl - weshalb das Sticker-Album für uns das Pickerlheft war. Auch die Autobahn-Vignette, die man auf Österreichs Schnellstraßen braucht, wenn man keine Maut zahlen will, heißt umgangssprachlich "Autobahn-Pickerl" oder auch nur "Pickerl". Bezogen auf die Kinderwelt von damals kenne ich niemanden, der nicht mindestens eines dieser Pickerlhefte besaß. Da wurde dann in den Pausen zwischen den Schulstunden fieberhaft geblättert, sortiert und getauscht. Sehr begehrt waren natürlich die Pickerl mit Glitzer, aus Stoff oder Kork; bei den Motiven waren vor allem Tiere ganz vorn dabei. Das Sammeln von Pickerln wird zwar allgemein eher als Mädchensache gesehen, ich kannte aber auch etliche Jungs, die dieser Leidenschaft verfallen waren. Zwar gab es auch damals durchaus noch Kinder, die Briefmarken sammelten - ich hatte selbst drei Alben -, das war aber nicht so sehr in Mode wie das Pickerlsammeln. Später wurden die Pickerl allmählich von den Pokémon-Karten abgelöst - da war ich allerdings schon ein Teenager, weshalb ich nicht mehr in die Zielgruppe fiel. Bezüglich dessen habe ich allerdings mal ein recht interessantes Video gesehen, in dem erklärt wurde, dass der Sammeltrieb zu den Urtrieben der Menschen gehört - und wie alles, was mit unseren Urinstikten zu tun hat, sieht man diesen auch in der Tierwelt - denken wir nur an die Hamster, die selbst in Gefangenschaft ihr Futter sammeln, weil sie nicht kapieren, dass sie als Haustiere wohl eher selten Not leiden werden. Und natürlich ist es eine uralte Strategie, den Menschen über diesen Sammeltrieb an ein bestimmtes Produkt zu binden.
9. Teenage Mutant Ninja Turtles
Da ich zwar ein Mädchen war, mich aber eher für "Jungssachen" interessierte, war auch ich eine Zeit lang ein Fan von Superhelden-Geschichten. Das begann im Kindergarten, als Batman gerade im Trend war, und erreichte seinen Höhepunkt etwa im Alter zwischen sieben und neun mit den Teenage Mutant Ninja Turtles, im deutschsprachigen Raum Teenage Mutant Hero Turtles genannt. Die von Kevin Eastman und Peter Laird entwickelte Comic-Serie erscheint bereits seit 1984 und war ursprünglich als Parodie auf damals populäre Comic-Serien gedacht. Es ist die Geschichte einer mutierten, sprechenden Ratte, die vier ebenfalls mutierte Schildkröten, die sie nach vier der großen italienischen Renaissance-Künstler Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo benannt sind, in die Kunst des Ninjuitsu unterwiesen hat. Zusammen leben sie in der Kanalisation New Yorks, wobei die Turtles über die Nachrichten-Reporterin April Kontakt zur Oberwelt halten, wo sie natürlich gegen das Böse kämpfen. Mittlerweile gibt es Filme, Serien und Videospiele - in meiner Kindheit gab es neben den Comics allen möglichen Merchandise und Spielzeug, außerdem eine Zeichentrickserie und die ersten drei Realfilme. Ich kam über die Freunde, die sich um den Game Boy stritten, zu den Turtles - sie besaßen, ehe ich diese überhaupt kannte, schon Action-Figuren, eine Hörspielkassette, ein Buch, Armbanduhren und ich weiß nicht was alles noch. Während eines unserer obligatorischen Grado-Urlaube zu Pfingsten mussten wir dann unbedingt Gummi-Turtles zum Aufblasen haben, wobei meiner ziemlich schnell kaputt ging. Meine Cousins und ich bastelten später sogar Turtle-Waffen aus Holz und Klebeband und spielten damit im Garten - die Turtle-Serie war in der Videothek auf VHS erhältlich zu je zwei Folgen pro Kassette - legendär war vor allem das von Frank Zander gesungene Intro. Später habe ich mir dann auch zusammen mit den, sagen wir mal, "Game-Boy-Brüdern" den ersten Realfilm von 1990 unter der Regie von Steve Barron auf Video angesehen. Da die CGI-Technik damals noch ganz am Anfang stand, wurden die Turtles von Schauspielern gespielt, in Kostümen, die eher an Jim-Henson-Figuren erinnerten. Der Turtle-Hype dauerte allerdings nur ein paar Jahre - ich verlor ziemlich schnell das Interesse, so dass ich die neueren Erzeugnisse gar nicht mehr kenne. Finde ich aber nicht weiter schlimm - soll die nächste Generation ihre Freude daran haben. Ich persönlich finde es heute eher witzig, wie unglaublich cool und erwachsen ich diese Superhelden als Kind doch fand.
10. Wasserpistole
Besonders im Sommer ist die Wasserpistole oder Spritzpistole natürlich eine feine Sache. Überhaupt war man in meiner Kindheit noch viel lockerer, was Kriegsspielzeug betraf - sogar Spielzeugwaffen, die echten Schusswaffen nachempfunden waren, durften in keinem Kinderzimmer fehlen. Beliebt waren natürlich die Platzpatronen-Colts, die im Aussehen und Geruch an den Wilden Westen erinnerten. Ich hatte eine kleine Wasserpistole aus rotem, durchsichtigem Plastik; später kamen dann die Super Soaker auf, die eher an Gewehre erinnerten und mit denen man weiter spritzen und genauer zielen konnte. Außerdem konnte man mittels einer Patrone über dem Lauf, aber auch durch einen Tornister, den man sich auf den Rücken schnallte und der aus zwei großen Behältern bestand, weitaus mehr Wasser transportieren.
11. McDonald's
Die in Österreich scherzhaft als "Schachtelwirt" bezeichnete Schnellrestaurantkette war bereits in meiner Kindheit umstritten. Damals waren die Werbestrategien von McDonald's noch weitaus mehr auf Kinder zugeschnitten, zumal ihr Erfolgskonzept ohnehin in der Familienfreundlichkeit bestand, die in anderen Restaurants in den 1940er Jahren, als McDonald's gegründet wurde, noch nicht so sehr gegeben war - die Restaurants hatten in der Regel lustig bunte Fassaden, der Clown Ronald McDonald war allgegenwärtig, und es gab ein Kindergeburtstags-Angebot. Besonders das Happy Meal, das in meiner Kindheit noch "Juniortüte" hieß und das besonders durch die Beigabe eines Spielzeugs attraktiv gemacht wurde und wird - auch ich wollte als Kind bei den seltenen Gelegenheiten, an denen ich bei McDonald's essen durfte, selbstverständlich immer die Juniortüte, selbst wenn das Zeug, was man dazu bekam, meistens Schrott war, aber ich war dennoch im siebten Himmel. Damals waren die Burger-Verpackungen auch noch aus Styropor und die Strohhalme aus Plastik - die kleinen Burger waren allerdings immer schon nur in Papier gewickelt. Die Juniortüte bestand damals aus einem Softdrink, einem kleinen Burger und einer kleinen Portion Pommes - heute wird statt des Softdrinks ein Fruchtsaft angeboten, aber so viel "gesünder" ist das Zeug trotzdem nicht. Die Spielecken und Spielplätze gibt es immer noch, ebenso wie die Ronald-McDonald-Häuser, die Familien schwer kranker Kinder eine Unterbringung in der Umgebung von Krankenhäusern während der Behandlung ermöglicht. Ansonsten bemüht man sich heute, auch sonst ein wenig mehr "political correctness" walten zu lassen - nachdem es viel Kritik gab, weil das Zeug die Kinder süchtig macht und außerdem Übergewicht fördert, sind die bunten Fassaden von früher heute einem neutralen Hipster-Grau gewichen, und die goldenen Bögen des Logos erstrahlen nicht mehr auf rotem, sondern auf grünem Grund. Außerdem wird viel von Nachhaltigkeit und "gesunden Alternativen" gesprochen - aber jeder, der nicht ganz doof ist, weiß natürlich, dass dies eine Mogelpackung ist. Fazit: Nicht nur, dass das Essen bei McDonald's nach wie vor teuer und ungesund ist - jetzt darf man sich nicht mehr gepflegt seinem schlechten Gewissen hingeben. Was mich betrifft - für mich als Kind lag der Reiz an McDonald's vor allem darin, dass meine Eltern dagegen waren und ich nur sehr selten dorthin kam. Als ich dann über eigenes Geld verfügte, verlor ich nach einer Weile die Lust auf das Zeug von dort - aber ich gebe zu, dass ich mir immer noch manchmal einen McDonald's-Kaffee genehmige.
12. Magazine
Selbstverständlich gehörten zu meiner Kindheit und Jugend auch die obligatorischen Magazine - umgangssprachlich "Heftln" genannt, meine Eltern sagten auch gern "Schund-Heftln". Meine Großmutter kaufte sie mir oft heimlich - obwohl meine Eltern es natürlich wussten, aber sie sagten nichts dagegen, und heute, wo meine Mutter selbst Großmutter ist, tut sie dasselbe. Als ich klein war, mochte ich Micky Maus und Garfield, außerdem ein deutsches Magazin für Vorschulkinder namens Bussi Bär. Später las ich vor allem französische und belgische Comics, allen voran Asterix und Lucky Luke, eine Zeit lang auch Tim und Struppi, wobei ich den zeitweise doch sehr rassistische Unterton in den frühen Bänden weitaus schlimmer finde als die tradierten Klischees in Büchern wie Jim Knopf oder Pippi Langstrumpf. Außerdem konsumierte ich noch die bereits erwähnten Turtles und in meiner Pferde-Phase auch Wendy, von deren Comic-Geschichten ich Parodien anfertigte, in denen die Pferde sich untereinander ständig über ihre Reiter beschweren. Als ich dem allen entwachsen war, las ich natürlich Bravo, das auch in den 1990ern natürlich die Jugendzeitschrift Nummer 1 war, außerdem Bravo Girl, Mädchen, Popcorn, 16 und den österreichischen Rennbahn-Express. Mit etwa sechzehn entdeckte ich meine "intellektuelle" Ader und begann, die Literaturzeitschriften manuskripte und Lichtungen zu lesen - erst nach Ende meiner Schulzeit gönnte ich mir im Urlaub in einem Anflug von Nostalgie wieder die eine oder andere Bravo. Beim Friseur blättere ich auch mal die eine oder andere Frauenzeitschrift durch, obwohl immer dasselbe drin steht: Zuerst Artikel, die dir sagen, dass du dich so akzeptieren sollst, wie du bist, dann die neueste Diät der Stars und am Schluss leckere Kuchenrezepte - im Prinzip bekommt man da aber nur zu lesen, dass man nicht gut genug ist. Ich weiß allerdings aus zuverlässiger Quelle, dass es bei spezifischen Magazinen von Männern nicht anders ist.
Wie ihr also seht, habe ich noch weiterhin viel zu erzählen - so viel, dass ich noch einen dritten Teil in Aussicht stelle. Vielleicht kommt er gleich als nächstes, vielleicht auch später - ich weiß es noch nicht. Mal sehen, was inzwischen noch passiert. Jedenfalls hoffe ich, dass ihr bis dahin auf der sicheren Seite bleibt und euch von all dem, was momentan so passiert, nicht irre machen lasst. Es kommen auch wieder bessere Zeiten!
vousvoyez
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