Sonntag, 2. Mai 2021

Vom Heiligsein allein kannst du nicht leben

@myke_simon
Die typische Art und Weise, in der mein Bruder vor einiger Zeit erklärte, dass religiöse Führer selten nur spirituelle, sondern meist eben auch wirtschaftliche Interessen verfolgen. Denn selbstverständlich wissen wir alle, dass man auch von etwas leben muss - und es nicht reicht, nur heilig zu sein. Laut Bibel war ja selbst der Sohn Gottes zur Nahrungsaufnahme gezwungen, über seine Toilettengänge ist allerdings recht wenig bekannt. Anders verhält es sich etwa mit dem Propheten Mohammed, zumindest, wenn man sich an die Sunna, die zweitwichtigste schriftliche Quelle der Muslime neben dem Koran, hält. Aber ich bin nicht hier, um euch über die Toilettengänge der Religionsgründer aufzuklären. Nein, ich bin hier, um zu jammern, zu informieren und zu unterhalten. Und heute möchte ich mich zur Abwechslung wieder mal einem Format widmen, das seit fast einem Jahr in diesem Blog zu kurz gekommen ist.

Der Grund dafür ist einfach erklärt: Wenn man ein Thema länger behandelt, fliegen einem anfangs die Ideen nur so zu, mit der Zeit stagniert dies jedoch allmählich, und irgendwann stellt man fest, dass sie nicht mehr für einen ganzen Artikel reichen. Deswegen habe ich die beliebten Filmklischee-Listen fast ein Jahr ruhen lassen, aber da ich vor kurzem etwas Interessantes entdeckt habe und mir zudem immer noch vereinzelt Logikfehler notiert habe, die ich möglicherweise mal "verwursten" kann, freue ich, euch mitteilen zu dürfen, dass es heute wieder einmal soweit ist! Also hier eine neue Liste der

Klischees, Mythen und Logikfehler in Filmen

1) Die Idee, wieder einmal eine solche Liste zu erstellen, kam mir, als ich kürzlich erfuhr, dass es, anders als in Filmen behauptet, falsch ist, abgetrennte Körperteile auf Eis zu legen, um sie so lange wie möglich frisch zu halten und sie anschließend im Krankenhaus wieder angenäht werden können. Nun muss ich zugeben, dass ich, auch wenn ich durchaus schon mit Maschinen und Geräten gearbeitet habe, die bei unsachgemäßer Anwendung ein ganz ein böses Aua verursachen, noch nie in die Verlegenheit gekommen bin, mir über so etwas Gedanken zu machen. Aber man sieht es in Filmen immer wieder, nehmen wir beispielsweise den (übrigens sonst sehr empfehlenswerten) Film Der Knochenmann: Protagonist Simon Brenner schneidet sich beispielsweise den Finger ab und konserviert ihn im Eiswürfelsackerl, mit dem er dann auf der Südosttangente steht. Liebe Leute, schreibt euch das hinter die Ohrwaschel: DAS IST FALSCH! Denn wenn das Gewebe gefriert, bilden sich Eiskristalle in den Zellen und lassen diese platzen, wodurch es zu Erfrierungen kommt, die dieses absterben lassen. Stattdessen soll der abgetrennte Körperteil, ebenso wie die Wunde gesäubert, keimfrei verbunden und in einem sauberen Plastiksackerl transportiert werden. Natürlich ist die Frage, ob man, wenn einem wirklich mal so etwas passiert, abgebrüht genug ist, um all diese Schritte selbst zu erledigen. Ich glaube, ich würde vorher schon umkippen.

2) In Filmen und Serien passiert es oft, dass einem Opfer der Puls gefühlt und dann sofort gesagt wird: "Er/Sie ist tot." Nun - jeder, der ein bisschen Verstand im Kopf hat, sollte wissen, dass nur der Arzt den Tod erklären kann. Darüber hinaus sollte man gerade dann, wenn man keinen Puls mehr fühlt, mit der Reanimation begonnen werden. Abgesehen davon, dass man den Puls eher selten einfach mit den Daumen am Handgelenk misst, sondern zusätzlich noch mit zwei Fingern an der Halsschlagader, da hier die Möglichkeit geringer ist, dass man dabei seinen eigenen Puls "ertastet" - sicherer ist es allerdings, die Atmung zu überprüfen. Übrigens hat mich kürzlich jemand darauf hingewiesen, dass der Defibrillator nicht dazu da ist, um ein Herz wieder zum Schlagen zu bringen, sondern, um Kammerflimmern zu beenden, damit das Herz wieder normal schlagen kann. Da ich das in meinem letzten Artikel nicht erwähnt habe, wollte ich es hier nachholen.

3) Man kann endlos in Bilder reinzoomen, selbst wenn sie von einer billigen Überwachungskamera stammen, um dann in der Spiegelung eines Displays den Fussel auf der linken Schulter des mutmaßliche Täters zu entdecken, der schließlich dafür sorgt, dass der Fall gelöst wird.

4) Wenn ein Gegenstand, der für die Rettung der gesamten Menschheit absolut unverzichtbar ist, im Kampf mit dem Bösewicht zerstört wird, kann man sich sicher sein, dass entweder die CIA oder irgendein Eremiten-Genie ein baugleiches Ding zufällig in der Garage herumliegen hat.

5) In Actionfilmen wird in geschlossenen Räumen immer munter herumgeballert, ohne dass jemand hinterher einen Hörschaden davonträgt, obwohl diese Dinger unfassbar laut sind. Interessant ist auch, dass das Waffenfeuer keinen Einfluss auf die Statik der Häuser hat, in denen geschossen wird - nicht mal, wenn man sich in diesen typischen amerikanischen Sperrholzbuden befindet, die vor allem im ländlichen Gebiet sehr beliebt sind.

6) Wenn etwas schnell gehen muss, ist trotzdem immer noch Zeit für rührende Abschiedsszenen, endlose Lebensbeichten und tiefschürfende Geständnisse. Und wenn in 15 Minuten die Bombe hochgeht, bleibt immer noch genügend Zeit, um zu heiraten, ein Haus zu bauen, den Bösen zu finden, einer Falle zu entgehen, endlos zu kämpfen und die Stadt zu retten.

7) In Filmen haben Ertrinkende meistens noch die Kraft, mit beiden Armen zu winken und endlos um Hilfe zu schreien. In der Realität ist Ertrinken normalerweise ein lautloser Vorgang - weshalb es sich ja auch um einen heimtückischen, leicht zu übersehenden bzw. überhörenden Notfall handelt. Ertrinkende versuchen in ihrer Panik meist, sich an irgendetwas festzuhalten - weshalb man in Rettungsschwimmer-Kursen auch lernt, dass man sich dem Ertrinkenden meist von hinten zu nähern hat, damit er nicht zu einer Gefahr für sich selbst und den Rettenden wird. Im Idealfall wirft man dem Ertrinkenden einen Gegenstand zu, an dem er sich festhalten kann. Ich erinnere mich selbst noch an das eine Mal, als ich als Kind noch nicht schwimmen konnte und ins tiefe Wasser fiel - ich sank sofort zu Boden, weshalb ich natürlich nicht um Hilfe rufen oder mit den Armen fuchteln hätte können.

8) Eine bekannte Methode ist auch, dass, nachdem jemand von einer Schlange gebissen wurde, das Gift sofort mit dem Mund ausgesaugt wird. Das kann zwar funktionieren, aber nur, wenn dies a) innerhalb von 2 Minuten nach dem Biss geschieht und man b) neutralisierende Substanzen zur Hand hat, die man vorher in den Mund nimmt, um sich nicht selbst zu vergiften, was natürlich auch voraussetzt, dass man die Schlange sofort identifiziert hat. Mit anderen Worten: Für den Laien ist dieser Tipp eher unbrauchbar.

9) Wenn jemand einen solchen Schlag auf den Kopf bekommt, dass er davon bewusstlos wird, wacht er nicht nur nach ein paar Minuten wieder auf, sondern kann dann auch wieder aufspringen und herumrennen, als wäre nichts gewesen. Im echten Leben hat man, wenn man bewusstlos geschlagen wurde, einen gefährlichen Hirnschaden und kann hinterher keineswegs so tun, als wäre nichts geschehen. In Bud-Spencer-Filmen können die Leute stundenlang aufeinander einprügeln, ohne ernsthaft zu Schaden zu kommen, und wenn jemand beispielsweise gegen einen Tisch oder eine Bar geworfen wird, zerbricht das Möbelstück, aber der Mensch bleibt vollkommen heil. Manche gehen innerhalb eines Films sogar mehrmals k. o. und sind hinterher wieder wohlauf, wo ein normaler Mensch an Parkinson und/oder Demenz erkranken würde.

10) Aus Filmen hält sich auch der Mythos, dass man im Kampf mit einem Hai diesem immer auf die Nase schlagen soll. Das ist schon deswegen unsinnig, weil man unter Wasser Auge und Auge mit einem blutrünstigen Hai eher selten die Wucht entwickelt, dem Tier so fest auf die Nase zu hauen, dass es ihm wesentlich was ausmachen würde - viel eher beißt er dir den Arm ab. Dass Haie aber im Wesentlichen zwar höchst neugierig, aber nicht die blutrünstigen Monster sind, als die sie oft dargestellt werden, sollte aber inzwischen bekannt sein.

11) Ich möchte hier auch einmal das unerlässliche Product Placement erwähnen, das bei Netflix-Produktionen schon fast obligatorisch ist, aber auch in anderen Filmen und Serien schon seit längerer Zeit gerne genutzt wird. Am auffälligsten ist, dass schon seit längerer Zeit auf sämtlichen Notebooks, die in amerikanischen Filmen und Serien vorkommen, das Apple-Logo sehr prominent ins Auge sticht. Zu Beginn des Handy-Zeitalters waren ständig Nokia-Klingeltöne zu hören; seit es das iPhone gibt, dominieren die Standard-Klingeltöne von Apple.

12) Klischeehaft sind oft auch die Soundtracks, die bei gewissen Szenen eingesetzt werden: Sind Hippies zu sehen, ertönt unweigerlich Canned Heats Woodstock-Klassiker Going Up The Country; wenn Motorradfahrer gezeigt werden, wird bevorzugt Born To Be Wild von Steppenwolf gespielt; geht es um Erotik, muss nicht selten Serge Gainsbourghs Je t'aime ... moi non plus herhalten; sind Cowboys zu sehen, wird gerne das von Ennio Morricone komponierte Thema aus Sergio Leones The Good, The Bad and The Ugly gespielt; und wenn geboxt wird, kommt man seit Rocky nur noch selten ohne Survivors Eye of the Tiger aus.

13) Kommen wir zum Schluss zu einem der irreführendsten Klischees, nämlich die sogenannte "Superhelden-Landung" - bei der die Helden aus schwindelnder Höhe mit einem zur Seite ausgestreckten Bein auf dem Boden landen, während das andere mit dem Knie auf dem Asphalt aufschlägt. Normalsterbliche würden sich dabei sämtliche Knochen brechen, auch wenn es noch so cool aussieht - mir reißen dabei in Gedanken bereits alle Bänder und Sehnen. Und ich finde generell, wenn ein Profisportler auf beiden Füßen landet und sich dabei auch noch effektiv abrollt, sieht das durchaus genauso cool aus.

So, meine Lieben, jetzt habe ich es hoffentlich geschafft, euch wieder einmal etwas Auflockerung zu gönnen. Ich habe zwar mittlerweile wieder etwas mehr zu tun, arbeite aber durchaus wieder an weiteren Themen - sprich, ich lasse euch nicht im Stich! Bis wir uns wiedersehen, bleibt brav, wascht euch schön die Hände und versucht um Himmels Willen keine Superhelden-Landungen! Bon voyage!

vousvoyez

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