Dienstag, 22. August 2017

Mir ist wurscht, was der Herr Feng Shui gesagt hat

Jaja, dieser mysteriöse Herr Feng Shui hat uns eine Zeit lang ganz schön in Atem gehalten. Wie wir in Wikipedia nachlesen können, ist Feng Shui aber kein Herr, sondern "eine daoistische Harmonielehre aus China". Ich weiß nicht, ob das noch Mode ist. Ich jedenfalls habe schon länger niemanden mehr davon reden hören. Aber es gab eine Zeit, in der es Leute gegeben haben soll, die ihre Wohnungseinrichtung dieser Lehre angepasst haben. Ich habe das nur so am Rande mitbekommen - vielleicht, weil es damals bei mir nicht wirklich ein Thema war. Dies war eine Zeit, in der sowohl ich als auch meine Altersgenossen in der Regel noch bei den Eltern wohnten, wo die Zimmer-Einrichtung in der Regel ein Konglomerat aus Mama-und-Papa-Lehre und dem Durchbruch der eigenen Individualität war. In letzter Zeit lese ich im World Wide Web sehr viel darüber, wie Jugendzimmer damals ausgesehen haben. Da ich als Kind und Teenager insgesamt vier verschiedene Zimmer bewohnte, kam ich aber zumindest nicht in die Verlegenheit, dass mein Mobiliar - und womöglich auch die Wandverkleidung - mit 18 gleich aussah wie vor meiner Geburt. Und da meine Eltern nach meinem Auszug die Wohnung wechselten, habe ich auch kein altes Kinderzimmer, das so aussieht wie 1998. Deswegen und weil meine Mutter sowieso kein Mensch ist, die am Althergebrachten festhält und Räume wie Schreine oder gar Mausoleen behandelt. Sie besitzt heute nur noch wenig Möbelstücke, die mich an meine Kindheit erinnern.

Ich habe glückliche und traurige Erinnerungen, aber ich bin auch niemand, der - abgesehen von Büchern - allzu viele materielle Erinnerungen an die Vergangenheit braucht. Ich freue mich heute darüber, wenn ich Fotos sehe von Dingen, die ich früher kannte und die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Und um mich an geliebte Menschen zu erinnern, brauche ich nicht unbedingt viele Fotos. Trotzdem freue ich mich, ab und zu alte Fotos zu sehen. Mittlerweile machen mich aber viele auch traurig. Manchmal ist das auch notwendig, aber eben nicht immer.

Zurück zum Herrn Feng Shui. Ich muss ganz ehrlich sagen, was diese Bewegung an Windspielen, bunten Steinen und Duftkerzen in unsere Wohnbereiche gebracht hat, war nicht immer ganz nach meinem Geschmack. Ich hatte als junges Mädchen einen Freund, der in einer Wohngemeinschaft lebte, und das Windspiel auf dem Balkon raubte mir nachts oft den Schlaf. Da gab es ja auch noch diese Stein-Kulte, die hatten nicht alle mit Feng Shui zu tun, waren aber manchmal etwas kryptisch.
Als Kind und Jugendliche verbrachte ich einige schöne Sommer am Weißensee in Kärnten; in den ersten Jahren wohnte ich mit meinen Eltern und einer befreundeten Familie in einem großen Hotel auf einer Anhöhe, das einen malerischen Blick auf den See bot. Der Besitzer hatte jedes Jahr neue Ideen, wie er seine Gäste unterhalten konnte, und griff dabei verschiedene Trends auf. So war einmal eine Dame dort, die irgend einer esoterischen Bewegung angehörte und über die heilende Wirkung verschiedener Mineralien referierte. Mein Vater als erfahrener Juwelier warf nur einen Blick auf ihre Steine und sagte mit stoischer Ruhe: "Alle falsch!" Trotzdem schienen viele von dem Fachwissen der Dame (die passenderweise Hermine hieß) beeindruckt zu sein, jedenfalls lief ihr Geschäft gut. Wir Kinder gingen oft in jenen Raum, in dem ihre Steine aufbewahrt wurden, und bestaunten sie. Sie regten unsere Phantasie an; von dem Gerede der Dame verstanden wir sowieso noch weniger als die Erwachsenen. Jahre später hat mir eine Freundin, die damals auch mit ihren Eltern dort war, erzählt, dass ihre Mutter zwei Ketten aus diesen Steinen gekauft hat - eine für sich und eine für ihre Tochter. Die eine riss nach kurzer Zeit, die zweite verlor ihre Farbe.

Diese kleine Anekdote ist ein Beispiel dafür, dass ich bestimmten Lehren skeptisch gegenüberstehe - zumindest in ihrer westlichen Ausrichtung. Hier bei uns besitzen die meisten Vertreter dieser Lehren ein solides Halbwissen, mit dem sie weniger Informierte zu beeindrucken versuchen, um an ihr Geld zu kommen. Aber nur selten ist es möglich, das Wissen von Philosophien und Lehren so zu verinnerlichen, wie es vor Ort geschieht; immerhin haben wir gänzlich andere Traditionen. Dies zeigt auch schon der Titel dieses Artikels - es ist eine Reaktion auf dieses Halbwissen, das Regeln stur befolgt, auch wenn sie in einem bestimmten Zusammenhang völlig sinnlos erscheinen. Und es ist gut, dass es auch Leute gibt, die ab und zu widersprechen.

In diesem Sinne, gebraucht euren Verstand!

vousvoyez

1 Kommentar:

  1. Toll! Hat mich an die verschiedenen Etappen meines Lebens erinnert... Damals habe ich das fast 1:1 mitgemacht - besonders die Feng Shui und Heilstein Phase. Warum nur - vermisse ich das jetzt nicht? Warum nur - geht es mir jetzt besser als zu dieser Zeit?
    Ach ja....! *zwinker* Heute benutze ich den Verstand *smile*

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