Freitag, 16. Oktober 2020

Delphine sind schwule Haie

(c) vousvoyez
Die Idee hat schon was für sich - ist aber natürlich schon deswegen unsinnig, weil Haie Fische sind und Delphine Säugetiere. Soweit ich jedoch weiß, kommt Homosexualität zumindest bei Delphinen tatsächlich vor. Was selbstverständlich die These widerlegt, Homosexualität sei "wider der Natur", aber darüber hab ich ja bereits einen anderen Artikel geschrieben. Heute möchte ich mich einem Thema widmen, das nur allzu oft - absichtlich und auch unabsichtlich - missverstanden wird, aber immer wieder eine wichtige Rolle spielt. Ich möchte heute einmal über Zensur und damit verwandte Themen sprechen.

Wäre also zunächst einmal die Frage zu klären: Was ist überhaupt Zensur? Nun, laut Definition bezeichnet Zensur eine in der Regel staatlich verordnete Kontrolle von Information, und zwar sowohl im medialen als auch im privaten Bereich, mit dem Ziel, die Verbreitung unerwünschte Inhalte zu unterdrücken bzw. zu verhindern. Betroffen davon sind etwa Nachrichten, Inhalte künstlerischer Werke oder auch Meinungsäußerungen von Einzelpersonen. Was bedeutet das konkret? Man kann sagen, dass Zensur dazu dient, zu verhindern, dass Informationen, die etwa als für Staat oder Institution schädigend eingestuft werden, in Umlauf geraten. Das muss nicht zwangsläufig anti-demokratisch sein - es kann im Gegenteil auch dazu dienen, den Zugang zu anti-demokratischen Inhalten zu erschweren bzw. zu verhindern. Aber natürlich kann Zensur auch missbräuchlich angewendet werden - etwa, um herrschende Machtstrukturen zu zementieren. Deswegen war und ist Zensur in diktatorischen Regimen auch essenziell. Aus dem Dritten Reich ist uns die Bücherverbrennung geläufig, der die Werke jüdischer oder missliebiger Autoren zum Opfer fielen, während in China die allermeisten international gebräuchlichen IP-Adressen, etwa die von YouTube, Facebook oder Google, gesperrt sind - was sogar gegen die eigene Verfassung des Landes verstößt. Bei uns in Österreich - ebenso wie bei den meisten unserer Nachbarn - ist staatliche Zensur nicht erlaubt, da diese gegen die Grundrechte verstößt.

Nun ist es bekanntlich so, dass häufig "Zensur" gekreischt wird, wenn bestimmte Inhalte auf bestimmten medialen Plattformen nicht geduldet werden. Beliebt ist dieses Vorgehen vor allem bei meinen speziellen Freunden, den Rechtsgestrickten und Verschwörungsideologen. Der Fehler dabei ist, dass YouTube und Facebook nicht "der Staat" sind, sondern private Plattformen, die ihre eigenen Richtlinien haben, die sich vom Gesetz der einzelnen Länder, in denen die User leben, durchaus unterscheiden können. Ebenso verhält es sich beispielsweise mit Interessensgruppen auf Social-Media-Plattformen - die Entscheidung, was hier erlaubt ist und was nicht, obliegt allein den Verantwortlichen, sofern sie mit den Richtlinien der Plattform übereinstimmt. Natürlich kann man das kritisieren und darüber diskutieren - aber im Zweifelsfall steht es mir immer frei, die Gruppe zu verlassen und eine andere zu suchen, die meinen Interessen eher entspricht, oder gar eine zu gründen, die ich nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten kann. Ebenso gestaltet es sich mit diesem Blog hier - dies sind die Vereinigten Staaten von vousvoyez. Ich bin die Kaiserin, ich bin die Präsidentin, ich bin die Königin (frei nach Rush Hour). Das als "Zensur" zu bezeichnen, ist genauso unsinnig, wie von "Deportation" zu reden, wenn ich beispielsweise jemanden aus meiner Wohnung werfe, weil mir sein Benehmen nicht gefällt.

Womit wir bei einem ganz wichtigen Grundrecht wären, über das aktuell ja wieder heiß diskutiert wird - nämlich der Meinungsfreiheit. Nun ist es ja so, dass Personen wie etwa jüngst der *räusper* "Musiker" Michael Wendler, die sich öffentlich zu Verschwörungsideologien bekennen, ihre Karriere und ihren sozialen Anschluss riskieren. Andererseits hindert sie dies ja nicht daran, ihre Meinung zu äußern, ohne dafür gesetzlich belangt zu werden - es ist halt so, dass Meinungsfreiheit andere nicht dazu verpflichtet, deiner Meinung eine Bühne zu bieten, seien es nun Internetplattformen oder traditionelle Medien wie etwa das Fernsehen. Genauso wenig verbietet deine Meinungsfreiheit anderen, deiner Meinung zu widersprechen - sie gilt für alle und nicht nur für dich selbst. Und sie ist auch nicht absolut grenzenlos - weder steht sie über den anderen Grundrechten, noch über der Meinungsfreiheit aller anderen. Und es gibt Inhalte, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind - beispielsweise die bewusste Verbreitung von Falschinformationen und Falschbehauptungen. Das Problem ist, dass Tatsachen und Fakten häufig als "Meinung" missverstanden bzw. auf dieselbe Ebene heruntergebrochen werden. Aber wenn das so wäre, dürftet ihr mir nicht sagen, dass eins und eins zwei ist, weil ich der Meinung bin, es sei fünf. Im übrigen zeigen gerade Rechtsgestrickte und Verschwörungsideologen, wie ernst das Ding mit der Meinungsfreiheit in unseren Breiten genommen wird - auch wenn wir durch die sozialen Netzwerke und Algorithmen, wie ich zugeben muss, immer mehr Schwierigkeiten damit haben, Meinungsvielfalt auszuhalten.

Zur Meinungsfreiheit gehört natürlich auch die künstlerische Freiheit, wobei diese ja häufig auch durch den Jugendschutz geregelt ist. Wobei vor allem die Freigabe von Filmen bei uns in Österreich weitaus lockerer gehandhabt wird als etwa bei unserem Nachbarn Deutschland. Für die Altersfreigabe von Filmen ist bei uns die JMK (Jugendmedienkommission) des Bundesministeriums für Bildung zuständig - wobei die Regelungen in einzelnen Bundesländern variieren können. Dazu gibt es eine Positivkennzeichnung für Filme, die speziell für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Allgemein verfährt die JMK jedoch meist weniger streng als die deutsche FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft), auch wenn bei analogen Medienträgern, also Videokassetten, DVDs und Blu-Rays, häufig die FSK-Empfehlung übernommen wird. Weder in Österreich noch in Deutschland gibt es eine explizite Verpflichtung zur Kennzeichnung von Medienträgern - allerdings gilt in Deutschland jeder nicht von der FSK überprüfte Film als nicht jugendfrei, selbst wenn es sich dabei um einen handelt, dessen Darstellung von Sex und Gewalt so explizit ist wie etwa in Wendy. In Deutschland gibt es außerdem noch den berüchtigten Index, die Liste der jugendgefährdeten Medien, die alles, was auf analogen Medien erhältlich ist und als "jugendgefährdend" eingestuft wird, umfasst. Medien, die auf dem Index landen, dürfen nicht öffentlich beworben oder verkauft werden, während der Verkauf von beschlagnahmten Medien auch für Privatpersonen strafbar ist. Doch nicht einmal das kann man als "Zensur" bezeichnen - denn der Besitz dieser Medien ist nur in Ausnahmefällen strafbar, etwa, wenn es sich um Kinderpornographie handelt. Da es den Index in Österreich nicht gibt, ist unser Land natürlich vor allem für deutsche Horrorfilm-Fans ein Paradies, da sie sich hier die Uncut-Version von Filmen beschaffen können, die in Deutschland nicht erhältlich sind.

Überhaupt gehören Filme aus dem Horror-Genre zu jenen, die häufig der Indizierung und Beschlagnahmung zum Opfer fallen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand - nämlich die oft sehr explizite Darstellung von Gewalt. In Wirklichkeit gehen sie aber oft viel tiefer. Wenn wir uns die Sache genauer ansehen, dann geht es ja in diesen Filmen häufig um tiefe Abgründe, die hinter der Fassade einer vordergründig heilen und sauberen Welt verborgen liegen. Nicht umsonst spielen Horrorfilme ja so häufig im amerikanischen Kleinstadtmilieu, denken wir nur an Stephen King oder auch an die Nightmare-on-Elm-Street-Reihe, und entlarven das liberal-demokratische Narrativ des "amerikanischen Traums" so häufig als Scheindebatte. Entsprechend geht es bei der Erschwerung des Zugangs zu gewissen Horrorfilmen häufig nur vordergründig um den Schutz der Konsumenten - in Wirklichkeit sollen etablierte Ideologien geschützt werden. Dass Horrorfilme diese häufig nicht stützen, sondern als überholt entlarven, zeigt sich auch dadurch, dass sie selten Lösungen bieten - hier erscheint kein strahlender Held, der die Menschheit vor der Gefahr befreit und die alte Ordnung wiederherstellt, wie es etwa in Katastrophenfilmen so häufig der Fall ist.

Was die Filmzensur in den USA betrifft, so erlebt man deren Geschichte vor allem, wenn man unterschiedliche Filme aus unterschiedlichen Jahrzehnten betrachtet. Nachdem öffentliche Forderungen nach einer allgemeinen Filmzensur laut geworden waren, wurde dort im Jahre 1930 der Motion Picture Production Code eingeführt, der unter anderem die Darstellung von Gewalt, Sexualität und Nacktheit untersagte. Dies führte dazu, dass in den Filmen aus dieser Zeit häufig sogar Ehepaare in getrennten Betten schliefen. Durch den gesellschaftlichen Wertewandel wurde dieser jedoch wieder aufgegeben und 1968 durch das MPAA film rating system ersetzt, das lediglich die Eignung von Filmen für bestimmte Altersgruppen prüft. Dies bescherte uns in den 1970er und 1980er Jahren einige großartige Filme, die allerdings auch sehr viel Gewalt beinhalteten.

Abschließend möchte ich sagen, dass selbstverständlich auch das Grundrecht der Meinungs- und künstlerischen Freiheit in unseren Breiten nicht immer adäquat gewürdigt wird. Bevor wir aber "Diktatur" schreien, sollten wir uns einmal vor Augen halten, dass es uns hier in Österreich - und auch in Deutschland - immer noch verhältnismäßig gut geht. Es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Meinungsfreiheit so gut geschützt wird, wie es hier der Fall ist. Das sage ich vor allem deshalb, weil ich durchaus schon Leute kennengelernt habe, die Erfahrung mit diktatorischen Regimes hatten und haben.

vousvoyez

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