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Ich weiß von den Leuten, die diese Zeit erlebt haben, und auch aus Büchern, Kabarett und dem Fernsehen selbst, was für eine Sensation das Fernsehen in den fünfziger Jahren (des letzten Jahrhunderts, wenn es unbedingt sein muss) gewesen ist. Wer einen Fernseher besaß, musste alle Nachbarn zu bestimmten Sendungen einladen. Fernsehen war früher eine kollektive Angelegenheit, und in mancher Hinsicht ist es das noch heute. Aber vieles ist verschwunden. Als ich ein Teenager war, sprach man in meiner Schule über die letzte Wetten, dass...?-Sendung, und ich hatte die auch gesehen. Als ich ein Kind war, hatten fast alle in Österreich nur zwei Programme. Die ersten Kabelanschlüsse und Satellitenschüsseln spalteten die Kindergesellschaft; die einen konnten mitreden, weil sie auch deutsche Programme empfingen, die anderen konnten nicht mitreden, weil sie nur den ORF kannten. Für mich war es ein Segen, wenn ich bei Freunden auch ein paar der anderen Sender sehen konnte. Dann konnte ich auch in der Schule ein bisschen mitreden.
Aber einige Erinnerungen teilen alle aus meiner Generation. Wir kannten alle (Kinder)Serien wie Biene Maja oder Wickie und die starken Männer, wir kannten auch Asterix und Lucky Luke, wir kannten die Schlümpfe, Pumuckl und die Simpsons, Alfred J. Kwak, die Peanuts und Pinky & The Brain. Manche Sendungen vermisse ich bis heute. Zum Glück kann man viele im Internet sehen, und manche werden ab und zu auch im Fernsehen gezeigt.
Vieles, was passiert ist, erfuhr man übers Fernsehen. Den Mord an John F. Kennedy habe ich nicht erlebt, ebenso wenig wie die erste Mondlandung oder die Attentate der RAF. Für den Fall der Berliner Mauer war ich zu jung - mit fünf Jahren bekommt man so etwas wohl nur mit, wenn man unmittelbar vor Ort ist. Aber ich erinnere mich, wie ein Freund aus dem Kindergarten mir zuvor gesagt hatte, in Deutschland seien die Russen. Ich verstand nicht was er meinte und nannte sie "Rüsseln". Und ich weiß auch, dass mein Vater immer sauer war, wenn wir spielten, dass wir gegen die Russen kämpften. Er wollte nicht, dass ich im Hass gegen andere Völker aufwuchs. Bin ich eigentlich auch gar nicht. Für mich war es ein Spiel - mehr nicht.
Das erste Ereignis, an das ich mich erinnere, wo auch jeder sagen kann, was er damals gemacht hat, war der 11. September 2001. Ich war 17 Jahre alt, und es war der letzte Tag der Sommerferien - danach fing mein letztes Schuljahr an. Meine Eltern kamen vom Einkaufen nach Hause, und während ich ihnen half, die Sachen einzuräumen, erzählte mein Vater, dass ein Flugzeug in das World Trade Center geflogen war. Ich verstand erst nicht, was er meinte - hatte Roland Emmerich sich einen Scherz erlaubt, um einen neuen Film anzupreisen? Die nachfolgenden Stunden sind für mich bis heute unbegreiflich - nichts war mehr so, wie es zuvor gewesen war. Ich verstand auf einmal, dass wir angreifbar waren - auch wenn wir bisher geglaubt hatten, Krieg und Terror seien ganz weit weg. Am nächsten Tag sah ich die Schlagzeile groß in der Zeitung: "Die Welt in Angst". In der Schule sprachen wir kaum über etwas anderes.
Heute werden Nachrichten neben dem Fernsehen auch über das Internet verbreitet. Wir fühlen uns nicht mehr sicher, weil wir glauben, dass wir angreifbarer sind als früher. Die Wahrheit ist - wir waren immer angreifbar. Unser Friede ist kostbar, und er ist ins Strudeln geraten. Die Generation nach uns hat keinen Begriff mehr davon, was einst in Europa passiert ist - hoffen wir, dass sie es nie erfahren werden.
Let's hope for peace!
vousvoyez
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