![]() |
(c) vousvoyez |
Was mich zu einem Problem bringt, das ich schon lange mal behandeln wollte. Kürzlich habe ich nämlich in einer Facebook-Debatte zugegeben, dass ich nie ein Fan der 90er-Kultserie Eine schrecklich nette Familie war. Wohlgemerkt ohne anderen vorzuschreiben, dass sie die Serie deshalb auch nicht mögen dürfen. Die ersten Antworten waren relativ moderat, aber dann meldete sich eine bestimmte Unterart der menschlichen Spezies männlichen Geschlechts - und zwar diejenigen, die sich für die männlichsten aller männlichen Männer halten. Und diese männlichsten aller männlichen Männer haben mitunter ein Verhalten, das eigentlich an vor- bis frühpubertierende Schulmädchen erinnert - sie halten es nicht aus, wenn man nicht ihrer Meinung ist. In diesem Fall besonders dann nicht, wenn man obendrein auch noch weiblich ist. So wurde aus einer eigentlich ganz normalen Debatte ein ziemlich lächerlicher Schlagabtausch.
Der Anstoß dieser Debatte war ein Video mit ziemlich frauenfeindlichen Kommentaren seitens der Hauptfigur der Serie, Al Bundy. Nun muss ich dazu sagen, dass ich die Intention der Serie sehr wohl verstehe - Eine schrecklich nette Familie war in den 1990ern die Antithese zu den damals üblichen Familienserien, die eine heile Welt propagierten. Sie spielt im Milieu der unteren Mittelschicht, die Figuren sind stark überzeichnet, und entsprechend ist auch der Humor. Was wohl auch der Grund ist, warum ich die Serie nicht lustig finden kann - es ist einfach nicht mein Humor. Im Gegensatz zu den Simpsons, die eine ähnliche Intention hatten, deren Humor aber zumindest in den ersten zehn bis fünfzehn Jahren weitaus cleverer war. Was aber nicht bedeutet, dass Eine schrecklich nette Familie nicht ihre Berechtigung hat - die meisten Fans, die wohl hauptsächlich aus Männern bestehen, verstehen, dass Al Bundy kein Vorbild, sondern eine Art Antiheld ist. Sie lachen über ihn, weil er chauvinistisch und misantrop ist. Weil er seiner Frau und seinen Kindern die Schuld für sein gescheitertes Leben zuschiebt, anstatt selbst Verantwortung zu übernehmen. Weil er eine tussige Ehefrau und eine dumme Tochter hat sowie einen Sohn, der keine Frau abkriegt. Weil er Stammtischparolen zum Besten gibt, wie man sie von Typen kennt, die sich bei ihren Kumpels über ihre "Alte" auslassen, während diese mit den "Mädelz" darüber diskutiert, wo sie die Schlüppis für ihr süßes Männlein kauft und ob sie ihn zum Urologen begleiten soll. Aber dann gibt es halt auch die anderen im Serienpublikum - diejenigen, die genauso sind wie Al Bundy. Diejenigen, die überhaupt nichts kapieren. Und das sind die männlichsten aller männlichen Männer. Die, die Al Bundy anbeten - die ihn sich zum Vorbild nehmen und so sein wollen wie er. Weil sie in Wirklichkeit die Dummen sind.
Und so waren auch die Kommentare, die mir entgegengeschleudert wurden - dass Al Bundy absolut recht habe und ein Vorbild für alle Männer sei. Ich habe darauf eher verhalten reagiert, da ich eigentlich keine Lust hatte, mit solch einer geballten Ladung an männlicher Männlichkeit zu diskutieren. Bis dann einer mir unterstellte, zickig zu sein und mich fragte, ob ich gerade meine Menstruation bekommen hätte. Ein Verhalten, das mich in meiner Ansicht nur bestätigte - für so männliche Exemplare ist das Nichtteilen ihrer Meinung seitens einer Frau zickiges Verhalten. Und der Grund dafür kann nur sein, dass man menstruiert oder alternativ auch frustriert oder untervögelt ist. Ein Blick auf das öffentliche Profil dieses Herrn präsentierte den Abgrund in seiner ganzen Tiefe - AfD-Fan, Greta-Basher, Wutbürger, homophob. Einer, der sich darüber wundert, warum er für Frauen unattraktiv ist - und dies wohl auf die Ausländer zurückführt, die Prachtexemplaren wie ihm das gottgegebene Recht auf Paarung verwehren. Und möglicherweise auch noch zu jenen gehört, die Angst davor haben, dass plötzlich alle Männer schwul werden, wenn diejenigen, die es sind, ein erfülltes Leben führen dürfen. Und dass ihre großartige "Rasse" ausstirbt - weil solche Prachtexemplare natürlich niemals den Gedanken aufkommen lassen, dass das Aussterben der "Herrenrasse" vielleicht doch kein so großer Verlust wäre.
Die Haltung dieser Typen ist schon seit geraumer Zeit zu beobachten. Im Großen und Ganzen können wir ja sagen, dass es der beste Schutz vor Diskriminierung immer noch ist, männlich, weiß, heterosexuell, konservativ und nicht behindert oder psychisch krank zu sein. Aber diese seit Jahrtausenden in den meisten Teilen der Welt zementierte Hierarchie scheint langsam aufzubrechen - Frauen bevölkern die Politik, den Kulturbereich, Bildungseinrichtungen, Sportplätze und alle Berufsgruppen, Menschen anderer Hautfarbe beginnen sich zu emanzipieren und Personen mit anderer sexueller Orientierung als der heterosexuellen und Geschlechtern jenseits des Mann/Frau-Prinzips fordern immer vehementer ihre Rechte ein. Noch ist die Vorherrschaft des "weißen Mannes" nicht gebrochen, doch sie wird immer mehr in Frage gestellt. Und viele der besonders männlichen Männer scheinen damit nicht zurechtzukommen - und inszenieren sich selbst als Opfer. Wie der selbsternannte "Volks-Rock'n'Roller" Andreas Gabalier, der vor wenigen Jahren bemängelte, dass man heutzutage zu einer Minderheit gehöre, wenn man als Mandl noch auf Weiberl stehe. Oder diejenigen, die sich für "fremd im eigenen Land" halten, weil sich nicht nur die kaukasische Ethnie als deutsch oder österreichisch begreifen darf.
Eine Community, die aktuell von sich reden macht, die auch sehr mit den jüngsten rechtsradikalen Anschlägen in Verbindung steht, ist INCEL, kurz für involuntary celibacy, zu Deutsch "unfreiwilliges Zölibat". Das sind im Prinzip nur frustrierte Männer, die Sex als ein gottgegebenes Recht ansehen und bereit sind, sich dieses auch mit Gewalt zu sichern - so ist der Frauenhass in dieser Community sehr essentiell, und viele halten Feminismus auch für Teil einer Verschwörung, die "die Juden" angezettelt haben, damit weniger "weiße" Kinder geboren werden und die "weiße Rasse" ausstirbt. Dabei war INCEL ursprünglich nichts anderes als eine Online-Selbsthilfegruppe für schüchterne Menschen jeglicher sexueller Orientierung. Nachdem die Initiatorin, eine kanadische Studentin, diese jedoch verlassen hatte, entwickelte es sich zu einer Plattform, auf der Männer ihre Gewaltphantasien gegen Frauen ausleben können. Ein bekannter Vertreter der INCEL-Szene ist der Amokfahrer, der 2018 mit einem Kleintransporter in Toronto zehn Menschen tötete und fünfzehn verletzte, und auch der Attentäter von Halle an der Saale scheint mit INCEL zu sympathisieren. Auch der Massenmörder Anders Breivik handelte nicht nur aus antimuslimischen, sondern auch aus frauenfeindlichen Motiven.
In diesem Zusammenhang bin ich auf eine Bewegung gestoßen, die sich MGTOW nennt - Men Go Their Own Way. Es geht im Großen und Ganzen darum, dass alle Frauen böse und Feminismus immer total kacke ist, weshalb die Männer, die dieser Bewegung anhängen, nichts mehr mit Frauen zu tun haben wollen. Darüber bin ich persönlich natürlich total bestürzt, denn selbstverständlich bin ich brennend an dem Gejammer
Für mich ist diese Haltung, ehrlich gesagt, mehr mit der eines trotzigen Kindes vergleichbar - wenn du garstig zu mir bist, spiel ich nicht mehr mit. Es ist halt nur so - selbst wenn ich nicht das Glück hätte, in einer erfüllenden Beziehung zu sein, bin ich nicht unbedingt auf Typen angewiesen, die einen auf schmollendes Kleinkind machen. Es gibt genügend Männer auf dieser Welt, die wissen, was Verantwortung heißt. Ich will keine Prinzessin sein, die 24 Stunden lang von einem starken Mann auf Händen getragen wird - das wäre mir ohnehin zu langweilig. Aber wenn ich so unbedingt auf meine Rolle als Hausfrau und Mutter reduziert werden wollte, dann würde ich das machen - zum Glück hat man da ja die Wahl. Es kommt halt auch drauf an, ob der Mann das nötige Kleingeld hat, aber ich habe kein Interesse daran, mich in eine Zeit zurückversetzen zu lassen, wo man als Frau nichts anderes tun konnte als das. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich nicht alle Strömungen des Feminismus für gut befinde, aber das ist eine andere Geschichte.
vousvoyez